Regenerative Energieversorgung im Quartier
Lokal erzeugten Windstrom im Quartier nutzen
Strom, Wärme und Mobilität sollen im Alltag intelligent vernetzt, erneuerbare Energien sinnvoll in bestehende Versorgungsnetze integriert werden. In den kommenden fünf Jahren entwickeln Wissenschaftler und Planer die erforderlichen Technologien, um diese im Quartier „Rüsdorfer Kamp“ einzusetzen und zu erproben. Die Projektpartner untersuchen dabei sowohl technisch ausgereifte als auch neue Möglichkeiten der Sektorenkopplung und Energiespeicherung.
Die Energiesysteme müssen resilient, das heißt widerstandsfähig sein, um die Versorgung auch unter Extremsituationen und in Störfällen gewährleisten zu können. Gleichzeitig soll das Quartier eine insgesamt stabilisierende Wirkung auf das regionale Energieversorgungssystem entfalten.
Für die Planung von integrierten, systemdienlichen und quartiersbezogenen Energiesystemen sind neue Software-Werkzeuge erforderlich. Geplant ist, ein Baukasten mit verschiedenen Software-Werkzeugen, beispielsweise Simulations- und Analysetools bis hin zu Partizipationskonzepten bereitzustellen.
Das Forschungsprojekt knüpft direkt an einen integrierten Quartiersentwicklungsprozess der Stadt Heide an, in den Bürger, Stadtplaner, Energiefachleute sowie örtliche Unternehmen eingebunden sind.
Die Ausgangssituation: Regionaler Windstrom-Überschuss
Im Umkreis der Stadt Heide finden sich zahlreiche Windenergieanlagen mit hoher Bürgerbeteiligung und mit mehr als 1,5 GW installierter Kapazität. Der Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein hat sich im Zuge der Energiewende deutlich beschleunigt. So sehr, dass immer häufiger ein Überangebot an Windstrom vorherrscht. In Heide möchte man diesen Umstand in Zukunft stärker ausnutzen, die Abregelung von Windenergieanlagen vermeiden und so die Kosten der Energiewende eindämmen.
Die regional erzeugte Windenergie soll ökonomisch und systemdienlich im Energieversorgungssystem eingesetzt werden. Die überschüssige Windenergie speist Wärme, Strom und Mobilität oder wird zur Herstellung von Wasserstoff genutzt und steht so - beispielsweise in windarmen Zeiten - als Energiequelle zur Verfügung.
Quartier Rüsdorfer Kamp
Das 20 Hektar große Stadtquartier in Heide umfasst überwiegend Wohngebäuden aus den 1950er bis 1960er Jahren. Erdgas ist in dem Gebiet flächendeckend verfügbar. Rund 60% der Gebäude sind an das Netz angeschlossen und heizen mit Gas. Der sonstige Bestand verfügt größtenteils über Ölheizungen. Die innenstadtnahe Lage sowie vorhandene Freiflächen bieten gute Voraussetzungen für eine behutsame Weiterentwicklung des Quartiers. Im Zentrum steht dabei die Umsetzung einer eigenen Energieerzeugung und -versorgung, die sowohl zentrale als auch dezentrale regenerative Energiequellen berücksichtigt. Wärme, Strom und Mobilität sollen mit überschüssiger Windenergie gespeist werden, indem zum Beispiel die Abwärme von Elektrolyseanlagen für die Wärmeversorgung von Bestandsgebäuden genutzt wird. Geplant sind Photovoltaikanlagen, die die Eigenstromversorgung unterstützen. Anfallende Stromüberschüsse sollen elektrochemisch in zentralen Batteriespeichern und in Gasspeichern gesammelt werden.
Neue Lösungen für die Mobilität
Untersucht werden ebenfalls hybride Lösungen für den individuellen und öffentlichen Verkehr. Als alternative Antriebsquellen für Fahrzeuge stehen dabei regenerativ erzeugter Wasserstoff, Methan und Strom auf dem Prüfstand.
Je nach Angebot an erneuerbaren Energien und der Anzahl der zu betankenden Fahrzeuge ist eine kaskadierte Entnahme von Strom, Wasserstoff und Methan geplant. Die Tankstelle der Zukunft fungiert hierbei als Drehscheibe bzw. Verteiler im Quartier für die Energiewandlung und -Speicherung. Ziel der Forscher ist es, Wasserstoff mittels der alkalischen Druck-Elektrolyse herzustellen und Methan aus Wasserstoff und Kohlendioxid in einem Plattenreaktor zu produzieren.
Projektpräsentation auf den Berliner Energietagen 2018
Auf den Berliner Energietagen 2018 wurde Martin Eckhard von der Entwicklungsagentur Region Heide gefragt, welche Rolle das Thema Sektorkopplung in dem Forschungsvorhaben „QUARREE 100“ spielt“.
Förderinitiative Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt
Das Projekt „Quarree 100 – Resiliente, integrierte und systemdienliche Energieversorgungssysteme im städtischen Bestandsquartier unter vollständiger Integration erneuerbarer Energien“ ist eines von sechs Leuchtturmprojekten der in 2016 gestarteten Förderinitiative Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Projektkonsortium besteht neben dem Projektkoordinator, der Universität Bremen, Institute for Advanced Energy Systems (AES) und der Entwicklungsagentur Region Heide, aus 20 weiteren Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie lokalen Akteuren.