30.03.2020 | aktualisiert am: 12.07.2021

Gute Nachrichten für Architekten und Techniker: Ein Forschungskonsortium hat Solarkollektoren entwickelt, die sich ästhetisch ansprechend in transparente und lichtundurchlässige Gebäudehüllen integrieren lassen. Somit können Fassadenflächen jetzt besser für die Wärmeerzeugung genutzt werden. Die Internationale Energieagentur hat die jetzt Idee ausgezeichnet.

Die Optik herkömmlicher solarthermischer Kollektoren und die ästhetischen Ansprüche von Architekten lassen sich häufig schwer in Einklang bringen. Mit den unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme entwickelten Streifenkollektoren und solarthermischen Jalousien soll sich dies jetzt ändern.

Dazu erklärt Dr.-Ing. Michael Hermann, Koordinator für Innovationsprozesse im Geschäftsbereich Thermische Systeme und Gebäudetechnik am Fraunhofer ISE: „Ziel des Projekts war, das große Flächenpotenzial von Fassaden für die Wärmeerzeugung zu nutzen und gleichzeitig Architekten mehr Gestaltungsfreiheit zu geben, denn ein Hemmnis für den breiten Einsatz von Solarthermie waren bislang die Vorbehalte potenzieller Kunden gegenüber dem Erscheinungsbild der Kollektoren. Zugleich sollte der Planungsaufwand reduziert und eine vereinfachte Montage und Installation ermöglicht werden“.

Forschende und Industriepartner haben im Projekt ArKol „Entwicklung von architektonisch hoch integrierten Fassadenkollektoren mit Heat- Pipes“ nun erste Demonstratoren sowohl für transparente als auch lichtundurchlässige Gebäudehüllen entwickelt.

Da Arkol den Kühlbedarf und damit den Energieverbrauch senkt und zu gelungenem Design beiträgt, hat die Internationale Energieagentur (IEA) es ausgezeichnet: als eines der besten "Today in the lab tomorrow in future "-Projekte. Hier präsentiert die IEA besonders vielversprechenden Projekte aus dem internationalen Kooperationsprogramm TCP (kurz für Technology Collaboration Programme). In dieses hatten auch die Arkol-Forscherinnen und -Forscher ihre Ergebnisse eingebracht.

Jalousien dienen als Wärmelieferant und Wärmeschutz

Die Idee hinter Arkol: In verglasten Fassaden von Hochhäusern werden Jalousien häufig zwischen Glasscheiben in Doppelfassaden eingesetzt. Durch die Sonneneinstrahlung treten hier je nach Belüftung des Fassadenzwischenraums Temperaturen bis zu 100 °C auf. Die solarthermische Jalousie kann diese überschüssige Wärme wie ein solarthermischer Kollektor abführen. Dazu sind in die als Absorber dienenden Lamellen Wärmerohre (Heat-Pipes) integriert. Über diese erfolgt, wie bei Vakuum-Röhrenkollektoren, der laterale Wärmetransport.

Vom Heat-Pipe-Kondensator wird die Wärme über einen Metall-Metall-Kontakt an den seitlichen Sammelkanal übergeben. Dieser ist Teil des Hydraulikkreislaufs mit Wärmeträgermedium, wie es ihn auch bei herkömmlichen Solarthermie-Systemen gibt. An der trockenen Anbindung befindet sich ein Adapter, um die Kontaktfläche zu vergrößern. Der Kontakt lässt sich zusätzlich mechanisch öffnen. Auf diese Weise können Benutzer die Jalousien bei Bedarf raffen oder kippen.

Energiebedarf reduzieren

Das Abführen von Wärme reduziert im Sommer die Kühllast des Gebäudes, was den Energiebedarf zusätzlich senkt. "Die solarthermische Jalousie kann als multifunktionales Fassadenelement für ein angenehmes Raumklima und guten Blendschutz sorgen und gleichzeitig den Energiebedarf für Warmwasserbereitung und Klimatisierung verringern", erklärt Projektleiter Simon Häringer vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme.

Streifenkollektoren als flexibler Fassadenschmuck

Wie bei den Jalousien wird auch bei den Streifenkollektoren nur der Sammelkanal von einem Solarfluid durchströmt. Die Wärme, die auf die spektralselektiv beschichteten Absorber im Kollektor trifft, wird auch hier durch Wärmerohre zur Seite transportiert. Die einzelnen Kollektoren benötigen keinen hydraulischen Anschluss. Dies vereinfacht die Hydraulikplanung. Die Bereiche zwischen den einzelnen Kollektorstreifen können mit üblichen Fassadenbekleidungsmaterialien in beliebiger Höhe ergänzt werden.

Diese Technik ermöglicht es, dass die Streifenkollektoren in unterschiedlichen Längen, Ausrichtungen oder Abständen geliefert und stufenlos auf der Unterkonstruktion positioniert werden können. Das Konzept lässt sich sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen umsetzen. Als Demonstratorfassade setzten die Forschenden eine vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) als Unterkonstruktion ein. Dabei ist die Fassadenbekleidung durch eine Luftschicht von der dahinterliegenden Dämmschicht getrennt.

Fassaden: Einstrahlung passt zum Wärmebedarf

Im Vergleich zu klassischen Aufdach-Installationen von Solarthermie-Kollektoren haben Fassaden viele Vorteile. So passt hier das Einstrahlungsprofil bei Heizungsunterstützung der Innenräume besser zum tatsächlichen Energieverbrauch: Im Winter, wenn die Sonne niedriger steht, wird die Fassade in einem günstigeren Winkel angestrahlt als das Dach und kann daher einen höheren Ertrag liefern. Im Sommer, wenn der Wärmebedarf deutlich geringer ist und sich im Wesentlichen auf die Trinkwassererwärmung beschränkt, unterliegen die Fassadenkollektoren einer geringeren Sonneneinstrahlung. Sie erzeugen daher weniger überschüssige Wärme, was die Materialbelastung von Kollektor und Fluid verringert und eine längere Lebensdauer ermöglicht.

Test im Neubauquartier

In Kürze soll das Folgeprojekt "Destini" (Demonstration des Nutzens solarthermischer Jalousien) starten. Hier werden Expertinnen und Experten die solarthermische Jalousie im neu zu errichtenden Gewerbe- und Wohnquartier Springpark Valley installieren und in der Praxis testen. Das etwa 90.000 Quadratmeter große Gebiet befindet sich in Bad Vilbel in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main.

Kontakt

Koordination

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
https://www.ise.fraunhofer.de/

+49 761 4588-0

Das Informationssystem EnArgus bietet Angaben zur Forschungsförderung, so auch zu diesem Projekt.
©aryfahmed – stock.adobe.com

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