06.12.22 | Aktualisiert am: 06.12.2022

Wärmepumpen könnten künftig einen großen Teil der Wohngebäude beheizen. Woran dafür aktuell noch geforscht wird, warum nicht immer eine komplette Sanierung nötig ist und welche Herausforderungen es in Städten und auf dem Land gibt, erklärt Fabian Hüsing vom ISFH im Interview.

Wärmepumpen waren 2021 erstmals der meist installierte Heizungstyp in Neubauten (Statistisches Bundesamt). In Bestandsgebäuden überwiegen hingegen weiterhin Gas- und Öl-Heizungen. Vor allem, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden, gelten Wärmepumpen jedoch als eine entscheidende Technologie, um die Wärmewende im Gebäudebereich voranzubringen.

Forschende arbeiten in verschiedenen Projekten daran, die Technologie weiterzuentwickeln und die Grundlagen für einen flächendeckenden Ausbau zu schaffen. Einer von ihnen ist Fabian Hüsing vom Institut für Solarenergieforschung (ISFH). Im Videointerview am Rande der Jahrestagung des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien in Berlin erklärt er, welchen Anteil Wärmepumpen an unserer zünftigen Energieversorgung einnehmen könnten, was noch passieren muss, bis diese flächendeckend eingesetzt werden können und warum die Forschung dabei wichtig ist.

 

Fabian Hüsing: Grundsätzlich erwarten wir auf Basis der Szenarien, die wir kennen, und auf Basis der Rückmeldungen, die wir aus der Industrie haben, dass Wärmepumpen sicherlich in einem Anteil von 70, 80, vielleicht sogar 90 Prozent der Wohngebäude sinnvoll eingesetzt werden können. Ein Hochlauf des Markts ist in sehr kurzer Zeit notwendig. Ich glaube, die Möglichkeit, Produktionskapazitäten zu erweitern, die besteht in der Industrie oder diese werden auch forciert. Es ist aber natürlich, es gibt verschiedene Engpässe, also sowohl der Bezug von Rohstoffen, um diese Wärmepumpen zu bauen, als auch Fachplaner und Handwerker, die vertraut mit der Technik sind, um das umzusetzen. Das sind Herausforderungen.

Wie können Wärmepumpen gut in Bestandsgebäuden eingesetzt werden?

Hüsing: Die Wärmepumpe ist umso effizienter, je geringer die Heiztemperatur ist und je höher die Quelltemperatur ist, also der Temperaturhub zwischen beiden Niveaus ist eine ganz entscheidende Größe. Und was sich zeigt in den Untersuchungen, es ist nicht unbedingt eine Vollsanierung eines Gebäudes nötig, sondern es kann reichen, die drei, vier kritischen Räume zu betrachten. Meistens ist es ein Badezimmer, wo man hohen Wärme-Anspruch hat, wenn man morgens dort hineinkommt und wo die Heizkörper typischerweise relativ klein sind. Also wenn man dort einen Heizkörper tauscht, kann das schon das Temperaturniveau maßgeblich absenken. Also in dieser Richtung ist es sicherlich wichtig, den Bestand, damit man ihn gezielt sanieren kann, muss man ihn sich anschauen, muss man schauen, welche Temperaturen liegen im Heizsystem vor. Wenn man die Temperatur absenkt, ab welcher Temperatur funktioniert das Wärmesystem nicht mehr und was kann man dagegen tun an den kritischen Stellen? Wo sind diese?

Wie finde ich Schwachstellen in meiner Heizungsanlage?

Hüsing: Stell die Temperatur des Heizsystems runter und schau ab welcher Temperatur wird irgendein Bereich des Hauses nicht mehr warm genug. Und da hat man automatisch die Erkenntnis einerseits, welche Heizsystemtemperatur braucht man eigentlich mindestens? Weil oftmals ist diese mit einem Gaskessel wesentlich zu hoch eingestellt. Auf der anderen Seite hat man auch direkt identifiziert: Welches ist der kritische Raum? Und aus dieser Erkenntnis heraus kann man dann gezielte Verbesserungsmaßnahmen ableiten.

Warum brauchen wir noch Forschung zum Thema Wärmepumpe?

Hüsing: Forschung an Wärmepumpen ist wichtig, weil zwei Aspekte zu beachten sind. Auf der einen Seite ist es entscheidend, die Effizienz zu steigern und Kosten zu senken, was allgemein zu höhere Akzeptanz im Markt führt. Und auf der anderen Seite, wenn wir diesen massiven Wärmepumpenausbau, den wir brauchen für Klimaneutralität herbeiführen wollen, dann müssen wir auch exotischere Anwendungen, sag ich mal, wie vielleicht die Sanierung eines Mehrfamilienhauses in einem dicht bebauten Stadtteil uns anschauen. Und in dem Fall ist es eine Herausforderung, die Quellwärme zu erschließen. Wenn wir uns ein Mehrfamilienhaus anschauen, in einem Wohnblock, in einer Stadt, dann gibt es da typischerweise nicht die Möglichkeit zu sagen, ich baue mir im Garten hinten meine fünf Erdwärme-Sonden zum Beispiel. Vielleicht sagt der Nachbar auch: Einen großen Luftwärmetauscher will ich hier nicht haben, weil auch wenn die inzwischen sehr leise sind, ist es mir vielleicht immer noch zu laut und dann bleiben nicht mehr so viele Optionen. Also man muss die Wärme irgendwo erschließen. Und die Wärmepumpe, sagen wir jetzt im statischen Fall, gehen wir davon aus, die nimmt drei Anteile Umweltwärme auf und einen Anteil elektrische Antriebsenergie, um vier Einheiten Wärme bereitzustellen. Dann müssen diese drei Anteile Umweltwärme erschlossen werden. Lokal.

Was ist die Schwierigkeit bei dicht bebauten Gebieten?

Hüsing: Aus meiner Sicht ist da ganz zentral Infrastrukturen zu schaffen, die es eben ermöglichen lokale Energieangebote zu erschließen, also sowohl PV-Strom zu generieren als auch Abwärmeströme aus den verschiedensten Liegenschaften zu gewinnen und damit ein Quellwärme-System aufzubauen, mit dem man sozusagen nach Möglichkeit jedes Gebäude befähigt eine Wärmepumpe einzubauen, ohne individuell ein Quellwärme-System bauen zu müssen. Damit wird es möglich, wahrscheinlich den größten Teil der Gebäude relativ schnell mit Wärmepumpen zu beheizen und effizient.

Wie sieht die zukünftige Wärmeversorgung auf dem Land aus?

Hüsing: Im ländlichen Raum, glaube ich, ist die Flächen-Konkurrenz ein wesentlich kleineres Thema, sodass prinzipiell viele Liegenschaften in der Lage sind, Quellwärme-Angebote auch zu machen und auch lokale Stromgeneratoren zu machen. Also letztlich ist ja die Frage auch, wie viel Strom brauchen wir, um Wärme zu bereiten mit Wärmepumpen? Wie viel Photovoltaik brauchen wir dafür? Wie viel Wind brauchen wir in welchen Verhältnissen? Dazu gibt es auch Erkenntnisse bereits und das gezielt auszubauen und so anzubinden, dass es die Leistung übernimmt. Aber grundsätzlich sehe ich dann, wie vorhin gesagt, 70 bis 80 oder 70 bis 90 % der Gebäude mit Wärmepumpe beheizt.

In diesen Projekten wird zum Thema Wärmepumpen geforscht
Vier Menschen sind ausgeschnitten vor blauem Hintergrund zu sehen.
©Projektträger Jülich/Forschungszentrum Jülich GmbH

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