Mit seinem neuen „Energiezentrum“ hat die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg einen energieeffizienten Neubau, in dem seit Mitte 2013 sechs Lehrstühle unter einem Dach forschen können. Abwärme aus Server- und Multimediaräumen eines Nachbargebäudes sowie Erdwärme mittels einer Wärmepumpe beheizen den Neubau. Die Erdsonden unterstützen auch die Klimatisierung und die Versorgung mit Prozesskälte.

Im Jahr 2007 entschied sich die BTU Cottbus für den Neubau eines Büro- und Laborgebäudes als Sitz des Instituts für Energietechnik mit seinen sechs Lehrstühlen. Ein Jahr später wurde ein Energiekonzept erstellt, das als Planungsgrundlage ambitionierte energetische Ziele definierte und technische Möglichkeiten zu deren Realisierung aufzeigte. Die zentrale Idee bestand in der Nutzung von Abwärme zur Gebäudebeheizung, denn im Umfeld des neuen Gebäudes gibt es ein beträchtliches Potenzial an Abwärme aus Rückkühlwerken. Der Energiebedarf des Gebäudes sollte minimiert werden bei gleichzeitiger Nutzung regenerativer Energien, das heißt konkret Abwärme und Erdwärme. Mit dem Bau wurde 2010 begonnen und 2013 wurde das Gebäude fertig gestellt. Von September 2013 bis Dezember 2015 wurde das energetische Verhalten des Gebäudes im regulären Betrieb wissenschaftlich evaluiert.

Forschungsfokus

Bei diesem Gebäude lag der Forschungsschwerpunkt auf der Untersuchung der Nutzung von Abwärme aus Serverräumen eines Nachbargebäudes. Es sollte analysiert werden, wie hoch das Versorgungspotenzial mit Abwärme tatsächlich ist und wie gut Abwärme über Gebäudegrenzen hinweg und aus Rückkühlern direkt zur Gebäudeheizung genutzt werden kann. Außerdem sollten Regelungsstrategien zur gemeinsamen Versorgung des Gebäudes aus Abwärme und Erdwärme unter Nutzung der installierten Speichertechnik entwickelt und optimiert werden. Mit dem wissenschaftlichen Monitoring sollten kalkulierte Bedarfswerte mit realen Verbrauchswerten verglichen und der mit dem Energiekonzept angestrebte Energiestandard nachgewiesen werden.

Gebäudekonzept

Das neu errichtete Gebäude ist ein nicht unterkellerter, viergeschossiger Quader mit den Abmessungen 28,5 x 45,0 x 14,0 Metern. Der massive Stahlbetonskelettbau befindet sich im südwestlichen Bereich des Zentralcampus der Universität und beherbergt Büros und Labore des Instituts für Energietechnik. 29% der Nutzfläche sind Labore, 22% Büroräume und 29% Verkehrsfläche. Seminar-, Technik- und Sanitärräume belegen die restliche Fläche.

Die opaken Bauteile haben U-Werte zwischen 0,14 und 0,17 W/m²K und die Fenster mit einer Dreifachverglasung besitzen Uw-Werte von 0,94 W/m²K. Das Gebäude ist mit einem nachgewiesenen Luftwechsel n50 von 0,3 h-1 als besonders luftdicht einzuschätzen. Die Büro- und Laborräume sind im Grundriss auf der Ost-, West- und Südseite um ein zentrales Atrium angeordnet. Auf der Nordseite befindet sich eine über drei Geschosse gehende Laborhalle. Die Sanitär- und Technikräume liegen innen zwischen der Halle und dem Atrium.

Energiekonzept

Für die Abdeckung des Wärmebedarfs sind 31 etwa 100 Meter tief in die Erde reichende Erdsonden in zwei Feldern gruppiert vorgesehen, die an eine Wärmepumpe gekoppelt werden. Es gibt weiterhin einen Anschluss an einen Rückkühler von drei Kältekreisen des Nachbargebäudes, wo bei Bedarf Wärme direkt abgenommen werden kann. Die Wärmeübergabe in die Räume erfolgt überwiegend durch Kapillarrohrmatten in den Decken, in einigen Bereichen jedoch durch Deckenstrahlplatten sowie über die Zuluft-Erwärmung in den raumlufttechnischen Anlagen und über Flachheizkörper. Alle Heizflächen sind mit niedriger Vor- und Rücklauftemperatur ausgelegt. Die durch die Wärmepumpe erzeugte und vom Rückkühler abgenommene Wärme wird in einem Schichtenspeicher mit 25 Kubikmetern Fassungsvermögen gespeichert, aus dem sich bei Bedarf alle Wärmeabnehmer im Gebäude bedienen. Der Speicher steht gut sichtbar im Foyer des Gebäudes.

Den größten Anteil an der Kälteversorgung des Gebäudes übernimmt eine Kompressionskältemaschine, welche das Gebäude ganzjährig vorwiegend über die Umluft-Kühlgeräte in den Server- und Technikräumen mit Kälte versorgt. In der Übergangszeit kann damit auch der Kältebedarf der RLT-Anlagen abgedeckt werden. Ein Kältepufferspeicher von 6 Kubikmetern ist im Technikraum des Gebäudes untergebracht. Im Winter besteht die Möglichkeit, dass die Wärmepumpe den Kältespeicher als Wärmequelle nutzt und damit gleichzeitig Wärme und Kälte produziert. Eine weitere Möglichkeit zur Kälteerzeugung besteht in der freien Kühlung über die beiden Erdsondenfelder. Hier können die Heiz- und Kühldecken die Kälte direkt über einen Wärmetauscher aus dem Erdreich beziehen. Im Sommer versorgt die reversible Wärmepumpe den großen Schichtenspeicher mit Kälte, von dem aus die Heiz- und Kühldecken sowie die RLT-Anlagen bedient werden können. In dieser Phase gibt es keine Wärmeerzeugung im Gebäude.

Performance und Optimierung

Durch die installierten Technikkomponenten wird das Gebäude komplett mit Strom – und Abwärme sowie Erdwärme – beheizt und gekühlt. Nach Abschluss der wissenschaftlichen Evaluierung liegt der größte Anteil am jährlichen Stromverbrauch mit 33 Prozent bei nutzungsspezifischen Anwendungen. Für die Wärmeversorgung werden 23 Prozent, für die Kälteversorgung 14 Prozent und für die Beleuchtung 8 Prozent der verbrauchten Elektrizität benötigt.

Die Energieanalysen zeigen, dass die primärenergetischen Zielwerte während der ersten zwei Betriebsjahre nicht ganz erreicht wurden. Der Zielwert des Primärenergiebedarfs liegt bei 118 kWh/m²a. Die Verbrauchswerte konnten durch verschiedene Optimierungsmaßnahmen von 168 kWh/m²a im Jahr 2014 – entspricht dem Referenzniveau der EnEV 2009 – auf 124,5 kWh/m²a im Jahr 2015 gesenkt werden. Der Anteil der direkten Abwärme an der Wärmeversorgung des Gebäudes liegt je nach Betrachtungszeitraum zwischen 15 und 22 Prozent.

Es wurde eine Wärmeabnahme am Rückkühler von bis zu 400 kWh pro Tag erreicht. Wegen der direkten Nutzung von Abwärme ist der Wärmeertrag stark von der Speichertemperatur abhängig. Und da diese mit der Größe Außentemperatur geregelt wird, ist der Wärmeertrag auch von der Außentemperatur abhängig. So können hohe Erträge an Abwärme bei geringer Speichertemperatur überwiegend in der Übergangszeit erzielt werden. Bei niedrigen Außentemperaturen und hoher Speichertemperatur ist der Anteil der Abwärme an der Wärmeversorgung sehr gering. Weil in der Übergangszeit überwiegend die Abwärme genutzt wird, verringert sich die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe. Die vielen, teilweise mit hohen Anschlusswerten versehenen Umwälzpumpen im Heizsystem erhöhen den Energieverbrauch für die Wärmeerzeugung. Die Jahresarbeitszahl für das gesamte Heizsystem liegt bei 2,80 und für das gesamte Kältesystem bei 2,35. Im Kältebereich sind vor allem die geringe Performance der Kompressionskältemaschine und die Verluste bei der Kältespeicherung für einen erhöhten Energieverbrauch verantwortlich.

Die Optimierung erfolgte überwiegend im Bereich der Regelung. So wurden unter anderem Komponentenlaufzeiten und Temperatureinstellungen angepasst. Da der Anteil der Umwälzpumpen am Energieverbrauch für die Wärmebereitstellung sehr hoch ist, liegt hier das größte Einsparpotenzial in einer differenzierten zeitlichen und leistungsgeregelten Ansteuerung. Durch das detaillierte Energiemonitoring konnten verschiedene Bereiche mit erhöhtem Verbrauch identifiziert und anschließend genauer analysiert werden, um hier Energieeinsparpotenziale zu erschließen.

Projektkenndaten

Zuletzt aktualisiert am:
01.09.2021

Büro- und Laborneubau nutzt Abwärme und Erdwärme

För­der­kenn­zei­chen: 0327511A

Projektlaufzeit
01.06.2011 31.01.2016 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Neubau von Einzelgebäuden, Heizen, Lüften, Kühlen, Gebäudebetrieb & Gebäudeautomation, Energiespeicherung, Betriebsführung & Energiemanagement, Abwärmenutzung, Wärme aus Erdreich, Grundwasser, Abwasser

För­der­sum­me: 407.057 €

Kontakt

Koordination
BTU Cottbus-Senftenberg, Lehrstuhl Technischer Ausbau
http://www.b-tu.de
Tel.: +49(0)355-69-2001

Weiterführende Links

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Klimaneutrale Wärme

Über die Hälfte der Energie in Deutschland nutzen wir, um unsere Häuser, Büros und Geschäfte zu heizen und um Wärme für Gewerbe und Industrie bereitzustellen. Der Übergang hin zu erneuerbarer Wärme, unvermeidbarer Abwärme und CO2-freien Brennstoffen muss organisiert werden.

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