Das Forschungsvorhaben LowExTra untersucht und entwickelt ein neuartiges Mehrleiter-Netz zur Wärmeversorgung auf Quartiersebene. Im Gegensatz zu bestehenden Fernwärmenetzen ist dieses in der Lage, Wärme nicht nur bereitzustellen, sondern auch lokal produzierte Wärme aufzunehmen. Dadurch können auch dezentrale Anlagen in Gebäuden Wärme in das Netz einspeisen. Die Gebäude sind dann gleichzeitig Wärme-Konsumenten und Wärme-Produzenten – sie werden zu Prosumenten.

Um Wärme aus erneuerbaren Energiequellen (Solarthermie, Geothermie etc.) aufnehmen zu können wird ein Niedrig-Exergie-Netz mit unterschiedlichen Temperaturniveaus untersucht. Es ist vollständig flexibel hinsichtlich Entnahme und Bereitstellung von Wärme und dient zugleich als Wärmespeicher. Durch die Integration von erneuerbaren Energien erhöht sich die Energieeffizienz des Wärmenetzes.

Im Wärmesektor kommt die Energiewende bisher schleppend voran – erst elf Prozent der Wärmeenergie wird aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Dies liegt auch daran, dass Wärme aus Umweltenergien wie Solarthermie, Geothermie, Grundwasser, Luft und Abwärme aufgrund zu geringer Temperaturen meist nicht ins Wärmenetz eingespeist werden kann, da dieses auf mindestens 80° C betrieben wird. Sogenannte „LowExTra-Netze“ oder Niedrig-Exergie-Trassen mit auf unterschiedlich niedrigenen Temperaturniveaus (z.B. 15°C, 30°C, 45°C und 60°C) betriebenen Leitungen können erneuerbare Wärme aufnehmen, parallel zum bereits existierenden Fernwärmenetz bestehen. Dabei funktioniert das LowExTra-Netz ähnlich wie ein Schichtenspeicher mit variabler Einspeisung und Entnahme. Das neue Netz erfordert ein dynamisches Zusammenspiel der technologischen Komponenten und rückt Gebäude und Quartiere als energetische Systemkomponenten in einen neuen Blickwinkel. Private Haushalte werden dabei durch die Einspeisung und Entnahme von Wärme – wie bereits im Stromsektor – zu Prosumern, die auch wirtschaftliche Interessen verfolgen.

Forschungsfokus

Das im Forschungsprojekt LowExTra entwickelte Versorgungsnetz soll also vollständig flexibel hinsichtlich Entnahme und Bereitstellung sein und zusätzlich als Wärmespeicher dienen. Nicht nur die Richtungsabhängigkeit (Vorlauf oder Rücklauf) wird dabei aufgelöst, sondern durch das Mehrleiter-System ebenfalls die bisher in den Rohrleitungen fixierten Temperaturniveaus.

Zielsetzung

Das übergeordnete Ziel des Projekts ist es, die Machbarkeit von Mehrleiter-Netzen grundsätzlich zu erforschen. Es geht darum zu analysieren, unter welchen Bedingungen die vielfältig vorliegenden Energiequellen für Wärme und Kälte durch Mehrleiter-Low-Exergie-Trassen in Neubau- und Bestandsbaugebieten technisch nutzbar gemacht werden können. Im Zuge des Projekts wird eine testweise Implementierung und Untersuchung von LowExTra in der Versuchshalle des Hermann-Rietschel-Instituts der TU Berlin durchgeführt.

Über die technische Perspektive hinaus werden ökonomische, politische und partizipative Aspekte analysiert. Das Forschungsprojekt berücksichtigt dabei folgende vier Perspektiven:

  • die technische Umsetzbarkeit eines demokratischen Mehrleiternetzes
  • die Wirtschaftlichkeit eines solchen Netzes
  • die Betrachtung der notwendigen politischen Rahmenbedingungen für die Realisierung und
  • die Akzeptanz solch eines Ansatzes durch die Wirtschaft und mögliche Nutzer.

Der interdisziplinäre Forschungsansatz ermöglicht eine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen das zu entwickelnde und zu optimierende technische Konzept umgesetzt werden kann. Die betrachteten vier Perspektiven sind dabei eng verzahnt angelegt, um in einem iterativen Prozess Lösungen zu erarbeiten. 

Energiesystem, Wärme- und Kälteversorgung im Quartier

Modul 1 – Technik

Die technische Herausforderung eines LowEx-Mehrleiternetzes besteht darin, eine optimale Konfiguration hinsichtlich der Anzahl der Temperaturniveaus und ihrer regelungstechnischen Verschaltung zu finden. Sie muss in der Lage sein, unterschiedliche lokale Energiequellen zu integrieren. Weiterhin soll aufgezeigt werden, welche technischen Möglichkeiten sich für Neubau- und Bestandsbaugebiete ergeben und wie die Umgestaltung der Wärmeversorgung technisch erfolgen kann.

Modul 2 – Ökonomie

Neben der technischen Analyse und Erprobung stellt die ökonomische Bewertung des Konzepts eine zentrale Voraussetzung für die Machbarkeit dar. Das System muss sich sowohl für die Netzbetreiber als auch für potenzielle Wärmeeinspeiser und -abnehmer aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnen. Darüber hinaus sind volkswirtschaftliche Aspekte wie Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte wichtig, um neben entstehenden Kosten auch den zu erwartenden Nutzen transparent zu machen.

Das IÖW untersucht die Wirtschaftlichkeit des neuartigen, intelligenten Mehrleiter-Wärmenetzes und vergleicht es mit existierenden Technologien. Die Wissenschaftlerinnen berücksichtigen dabei die unterschiedlichen Perspektiven und Bedürfnisse der involvierten Akteure wie Wärmeeinspeiser, Wärmeabnehmer und Betreiber des Netzes. Sie identifizieren zudem geeignete Finanzierungsmodelle und quantifizieren die regional-ökonomischen Effekte, die mit Bau und Betrieb eines solchen Netzes einhergehen.

Modul 3 – Politischen Rahmenbedingungen

Ziel der umwelt- und energiepolitischen Betrachtung in Modul 3 ist es, die vorhandenen gesetzlichen und strategischen Rahmenbedingungen zu analysieren und unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus den anderen Modulen, angemessene Instrumente und Wege zu skizzieren, um den Aufbau von LowExTra zu ermöglichen bzw. grundsätzlich voranzutreiben. Dabei sollen die Rahmenbedingungen sowohl auf politisch-strategischer als auch auf anwendungspraktischer-administrativer Ebene betrachtet werden. Einbezogen werden die wichtigen Regelungsbereiche; aber auch, welche Ansätze es etwa im Förderinstrumentarium geben müsste.

Modul 4 – Partizipative Produktentwicklung

Die Beteiligung zukünftiger Nutzer (Verbraucher und/oder Produzenten) und Betreiber eines solchen Netzes ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg solch eines großangelegten Infrastrukturvorhabens. Hierfür werden in Modul 4 verschiedene partizipative Bausteine durchgeführt, die potenzielle Nutzer, technische Experten, mögliche Betreiber und weitere politische Akteure in den Forschungs- und Entwicklungsprozess frühzeitig einbinden. Durch den Dialog mit für das Forschungsprojekt wichtigen Akteuren werden die Ergebnisse aus den verschiedenen Modulen durch externe Expertise angereichert und optimiert. Zusätzlich wird eine empirische Erhebung zur Akzeptanz interaktiver Wärme- und Kältenetze durchgeführt.

Zuletzt aktualisiert am: 12.07.2021

EnEff:Wärme - LowExTra - Niedrig-Exergie-Trassen zum Speichern und Verteilen von Wärme - Modul Partizipative Produktentwicklung

För­der­kenn­zei­chen: 03ET1237A-C

Projektlaufzeit
01.07.2014 31.12.2017 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

För­der­sum­me: 969.045.7

Kontakt

Koordination
Hermann-Rietschel-Institut (HRI) an der TU Berlin
http://www.hri.tu-berlin.de
Tel.: +49-(0)30-314-24170

Forschung
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH
https://www.ioew.de

Tel.: +49-(0)30-884-594-0

Forschung
Nexus - Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung GmbH
http://www.nexusinstitut.de
Tel.: +49(0)30-318054-63

©struvictory - stock.adobe.com

Energieversorgung in Gebäuden und Quartieren

Im Fokus der Forschung zu energieoptimierten Gebäuden und Quartieren stehen effiziente und zugleich wirtschaftliche Versorgungsstrukturen. Systemische Ansätze statt Einzellösungen sind gefragt, um Sektorkopplung und Digitalisierung voranzutreiben und den Primärenergiebedarf im gesamten System durch die Integration erneuerbarer Energien deutlich zu senken.

mehr
Newsletter

Nichts mehr verpassen:

© bluejayphoto