Wärmenetz für Quartiers-Pilotprojekt
Solaraktive, netzgekoppelte Energieversorgung für Neubausiedlung
Am Wissenschafts- und Technologiestandort Berlin Adlershof entsteht eine Neubausiedlung, deren erster Bauabschnitt mit 38 Passivhaus-Wohneinheiten Gegenstand der Forschungsarbeiten ist. Die rücklaufseitige Einbindung des Quartiers an das bestehende Fernwärmenetz mit Einspeisung der dort gewonnenen Solarwärme und die Umsetzung einer legionellenfreien Warmwasserbereitung bei niedrigem Temperaturniveau im Verteilnetz sind die zentralen Inhalte des Projekts. Ein Monitoring des Wärmenetzbetriebs soll die Einhaltung der Konzeptvorgaben prüfen und eine anschließende Betriebsoptimierung initiieren. Die drei Gebäude des ersten Bauabschnitts sind inzwischen fertiggestellt und bezogen.
Das Projekt begleitet den ersten Bauabschnitt einer in Berlin Adlershof entstehenden Passivhaus-Siedlung, deren Bauherren in der Newton GbR zusammengeschlossen sind. Im diesem Bauabschnitt wurden drei viergeschossige Wohngebäude errichtet. Die Bearbeitung erfolgt durch die Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel. Es sind zwei Unteraufträge an die BTB Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreibergesellschaft Berlin und an die Passau Ingenieure GmbH Berlin vorgesehen.
Forschungsfokus
Kern des Projekts ist die Umsetzung einer solaraktiv versorgten Siedlungseinheit mit rücklaufseitiger Fernwärmeanbindung und hygienisch einwandfreier Warmwasserversorgung über Frischwasserstationen im Niedertemperaturnetz. Mittels Simulationen soll eine geeignete Regelstrategie erarbeitet werden. Ein weiteres Thema ist die Integration elektrischer Speichermöglichkeiten für die Wärmeversorgung mit dem Ziel einer Optimierung der Eigenstromnutzung.
Energiesystem, Wärme- und Kälteversorgung im Quartier
In Berlin Adlershof entsteht eine Plusenergie-Siedlung, die mit ihrer unterschiedlichen Gebäudetypologie den vielfältigen Wohnbedürfnissen der zukünftigen Bewohner entspricht. Auf einer Fläche von ca. 11.000 m² Nutzfläche (17.800 m² BGF inkl. Tiefgarage) entstehen verschiedene Häuser (Townhouses, Geschosswohnungsbau) und Wohnungstypen unterschiedlicher Größe, die ein generationenübergreifendes Wohnen begünstigen. Die Umsetzung der Siedlung erfolgt in 4 definierten Bauabschnitten, wobei die Umsetzung der Bauten des 2. bis 4. Bauabschnittes in einer Maßnahme erfolgen soll.
Die Wohngebäude des ersten Bauabschnitts mit insgesamt 38 Wohneinheiten wurden als Passivhäuser errichtet. Neben der Umsetzung eines hochwertigen Wärmeschutzes der Gebäudehülle, wird der benötigte Energieeinsatz durch kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung auf ein Minimum reduziert.
Neben der selbst erzeugten solarthermischen Energie wird die Siedlung über einen zentralen Anschluss an das Fernwärmenetz der BTB mit Wärme versorgt. Auf dem Dach eines der Gebäude wird eine solarthermische Anlage installiert. Der Fernwärmelieferant ermöglicht, die gerade im Sommer anfallende überschüssige thermische Energie der Solaranlage in das Fernwärmenetz einzuspeisen. Die BTB bietet Fernwärme, die zu mehr als 90% in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt wird. Die Trinkwarmwassererzeugung soll wohnungsweise über Frischwasserstationen erfolgen. Neben dem Nahwärmenetz und dem Pufferspeicher auf der Sekundärseite wird die Speicherkapazität des Fernwärmenetzes für die solar erzeugte Energie genutzt. Die Wärmeverteilung innerhalb der Gebäude erfolgt, wie bei Passivhäusern üblich, wohnungsweise über die RLT-Anlagen. Lediglich in den Bädern werden zusätzlich Heizkörper installiert. Die RLT-Anlagen sind mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestattet. Zur Stromerzeugung wurde auf den Dächern der beiden anderen Gebäude und zusätzlich in der Fassade von Haus 1 eine PV-Anlage installiert. Durch die Integration einer Batterieanlage wird die Eigenstromnutzung erhöht.
Performance und Optimierung
Über die Umsetzung des Passivhaus-Standards wird der Energiebedarf auf ein Mindestmaß reduziert. Die kompakten Gebäude weisen einen hohen baulichen Wärmeschutz auf. Der Lüftungswärmeverlust der Gebäude wird über die Integration einer Lüftungsanlage mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung ebenfalls deutlich reduziert. Die Energiebereitstellung von Wärme und Strom soll im Wesentlichen über aktivsolare Komponenten stattfinden. Entsprechende Speicher sollen den Eigenanteil der Nutzung der erzeugten Energie erhöhen. Der Schlüssel zu einem wirtschaftlichen Betrieb ist die Verrechnung der solar eingespeisten Wärme in das örtliche Nah- bzw. Fernwärmenetz.
Über ein Monitoring der Betriebsphase des Nahwärmenetzes soll die Einhaltung der Vorgaben aus der Konzeptentwicklung geprüft sowie eine Betriebsoptimierung durchgeführt werden. Innerhalb des Monitorings sollen insbesondere Fragen des auseichend hohen Temperaturniveaus im Wärmeverteilnetz zur Warmwasserbereitung sowie der notwendigen Speicherkapazität bzw. der Betriebsorganisation der rücklaufseitigen Fernwärmeanbindung betrachtet werden.
Nach einer umfassenden Bedarfsermittlung für die Gebäude des ersten Bauabschnitts sowie anschließender Bewertung zentraler und dezentraler Versorgungsvarianten wurde das ursprüngliche Ziel "Plusenergiestandard" revidiert: Wirtschaftlich sinnvoll und realistisch umsetzbar ist nach aktuellen Erkenntnissen der Forscher der Effizienzstandard "KfW-Effizienzhaus 40 Plus". Um nach diesem Standard gefördert zu werden, benötigt ein Gebäude neben den Voraussetzungen für das bisherige KfW-40-Darlehen zusätzlich
- eine stromerzeugende Anlage auf Basis erneuerbarer Energien (PV-Anlage),
- ein stationäres Batteriespeichersystem (Stromspeicher),
- eine Lüftungsanlage mit entsprechender Wärmerückgewinnung sowie
- eine Visualisierung von Stromerzeugung und Stromverbrauch über ein Benutzerinterface (Monitoringsystem).
Die drei Gebäude des ersten Bauabschnitts sind inzwischen fertiggestellt und bezogen.
12.07.2021