Entlastung für kommunale Betreiber
Innovative Luftführung senkt Energiebedarf von Hallenbädern
Kommunen oder kommunale Unternehmen betreiben die meisten der rund 4800 öffentlichen Hallen- und Freibäder in Deutschland. Die Energiekosten dieser Schwimmbäder stellen einen erheblichen Anteil der Gesamtkosten und entsprechend am öffentlichen Zuschuss für kommunale Bäder dar. Immerhin verbraucht ein Hallenband im Schnitt 2400 Megawattstunden im Jahr. Damit haben die Energieverbräuche eines Bades, bezogen auf die Gebäudegröße und die Zahl der Nutzenden, auch einen bedeutenden Anteil am CO2-Ausstoß der öffentlichen Gebäude einer Stadt.
Insbesondere Hallenbäder haben laut der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) ein großes Potenzial für Energie- und CO2-Einsparungen. Wie dies genutzt werden kann, hat die DGfdB mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Lehrstuhls für Gebäude- und Raumklimatechnik am E.ON Energieforschungszentrum der RWTH Aachen sowie dem INCO Ingenieurbüro zusammengestellt. Die Untersuchungen fanden im Rahmen des Projektes EnOB:EnergieeffBaeder (Energieeffizienz in Schwimmbädern – Neubau und Bestand) statt.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch ein vom INCO Ingenieurbüro entwickeltes und in der Praxis getestetes Luftführungssystem. Die Fachleute haben dieses innerhalb der Projektlaufzeit und danach bereits in 17 verschiedenen Bädern erfolgreich eingesetzt. Manche Anlagen sind mittlerweile mehrere Jahre in Betrieb. Weitere Ingenieurbüros haben das Konzept übernommen und setzen es ebenfalls in der Praxis um.
Schichtung führt zu geringerer Verdunstung
Die Luftführung in Schwimmhallen hat einen großen Einfluss auf die Verdunstung und somit auf den Energieverbrauch. Die Verdunstung entzieht dem Beckenwasser Wärme, die mit Energieaufwand wieder hinzugefügt, sozusagen „nachgeheizt“ werden muss. Ein Ziel des Vorhabens war es daher, die Verdunstung des Beckenwassers möglichst gering zu halten.
Hier kommt das neue Luftführungssystem ins Spiel: Ist die Luft in einer Schwimmhalle mehr als zwei Grad Celsius wärmer als das Wasser im Becken, entsteht in der Regel etwa einen halben bis einen Meter oberhalb der Wasseroberfläche eine horizontale Temperaturschichtung. Diese Schichtung reduziert die Verdunstung. Die Forschenden machen sich diesen Effekt zunutze. Durch sogenannte „Luftführung von oben“ erreichen sie, dass diese Schicht nicht zerstört wird. Dazu wird die Zuluft mit geringerer Geschwindigkeit als bisher und von oben in das Gebäude eingebracht (siehe Abbildung). Dies verhindert eine Luftdurchmischung. Ein Teil der Abluft wird wiederum aus der Schicht dicht über der Beckenoberfläche entnommen. Somit werden sowohl Feuchte als auch Schadstoffe abgeführt.
Energieeinsparung durch intelligente Luftführung
„Der Vorteil der Schichtung ist, dass weniger Wasser verdunstet und somit weniger Wärme dem Beckenwasser hinzugeführt werden muss. Des Weiteren kann bei dem Konzept der Volumenstrom der Lüftungsanlage reduziert werden, was ebenfalls Energieeinsparungen mit sich bringt“, erklärt Projektleiter Alexander Kümpel vom E.ON Energieforschungszentrum an der RWTH Aachen.
Bei der Schichtlüftung fließt die Luft quer durch die Halle. Im unteren Teil befindet sich etwas kühlere Luft (28–29 °C), im oberen Hallenteil etwas wärmere Luft (30–32 °C). Die Luftfeuchte oberhalb der geschützten Luftschicht ist etwas höher als üblich, was ebenfalls Vorteile hat. So haben Simulationen gezeigt, dass bei konstanten Temperaturen im gesamten Bad und einem Anheben der relativen Feuchte von 50 auf 64 Prozent, der Wärmebedarf um mehr als ein Viertel reduziert wird. Werden zusätzlich die Temperaturen in den verschiedenen Zonen in der Schwimmhalle sowie im Schwimmbecken um zwei Kelvin reduziert, können rund 34 Prozent Wärmeenergie eingespart werden, bei einer Reduktion der Beckenwassertemperatur um vier Kelvin sogar knapp 50 Prozent.
Empfehlungen und Planungshilfen für die Praxis
Neben der Entwicklung des Lüftungssystems ist das übergreifende Ziel des Vorhabens EnergieEffBaeder, dass Schwimmbäder deutlich energieeffizienter geplant und betrieben werden. Dazu stellt die DGfdB gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik am E.ON Energieforschungszentrum Informationen und Tools für Planung, Bau sowie Betrieb von Schwimmbädern zusammen. Diese umfassen Richtlinien und Planungshilfen für Effizienzmaßnahmen sowie ein Simulationsmodell zur Berechnung und Analyse energieeffizienter Lösungen. Auf Basis der Simulationsergebnisse werden die Partner in Kürze Handlungsempfehlungen zur Optimierung von Regelkonzepten erstellen. Nähere Informationen dazu liefert die Website des Projektes. (bs)