29.11.2023 | Aktualisiert am: 30.11.2023

Wo früher Koks und Rohgas erzeugt wurden, entsteht in Gelsenkirchen-Hassel ein Neubauquartier, das mit klimaneutraler Energie versorgt wird. Diese liefert ein Niedertemperaturnetz, das unter anderem Geothermie als Wärmequelle nutzt. Ab sofort ist das Energiesystem offiziell in Betrieb.

Auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei Hassel entstehen im Quartier „Wohnen am Glückaufpark“ 200 Wohneinheiten, davon 36 Einfamilienhäuser. Das Besondere: Ein innovatives Niedertemperaturnetz versorgt die Gebäude zukünftig komplett klimaneutral mit Wärme und Kälte. Voraussichtlich werden dabei pro Jahr 500 Megawattstunden für Heizung und rund 400 Megawattstunden für Trinkwarmwasserbereitung erforderlich sein.

Die Bewohnerinnen und Bewohner profitieren außerdem von einem neuen Geschäftsmodell: Dabei zahlen sie einen vertraglich festgelegten, monatlichen Betrag für die Wärmeversorgung, ein pauschaler Bezug von Kälte ist für sie kostenfrei.

Rund 50 Teilnehmende aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben das Energiesystem des Quartiers Ende November auf einer Feier offiziell in Betrieb genommen.

Das Gelsenkirchener Quartier ist Teil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Reallabors der Energiewende „TransUrban.NRW“. Ziel dieses Vorhabens ist es, in ehemaligen Kohlerevieren in Nordrhein-Westfalen den Übergang von fossilen Fernwärmesystemen zu innovativen CO2-armen Energielösungen zu unterstützen.

Erdwärme zum Heizen und Kühlen

Die ersten Gebäude im neuen Quartier in Hassel werden seit Oktober mit Wärmeenergie versorgt. Diese liefert größtenteils ein Geothermiefeld mit 26 Erdsonden in rund 130 Metern Tiefe. Eine zentrale Luft-Wasser-Wärmepumpe deckt Spitzenlasten ab. Zusätzlich gibt es einen Freiwärmer, der Energie aus der Luft in das Netz speisen kann, wenn die Außentemperaturen oberhalb der Netztemperaturen sind.

Ein unisoliertes, 1.500 Meter langes Rohrnetz verteilt die Wärme an die Häuser und fungiert dabei als zusätzlicher Erdkollektor, indem es Wärme aus dem Untergrund entzieht. In den Gebäuden nutzen die dezentralen Wärmepumpen die Energie aus dem Netz und heben deren Temperatur auf das erforderliche Heizniveau an.

Im Sommer soll dann die Kühlung zum Einsatz kommen: Dabei strömt kaltes Wasser aus dem Geothermiefeld durch die Fußbodenheizung und entzieht so den Wohnräumen die Wärme. Damit dies funktioniert, werden die Wärmepumpen reversibel als Kältepumpen betrieben. Bis zu 1.750 Quadratmeter mit Photovoltaikmodulen auf den Dächern der geplanten Mehrfamilienhäuser sollen zukünftig Strom zur Verwendung im Quartier erzeugen.

Mehr Effizienz durch Cloud-Anbindung

Das Energiesystem des Gelsenkirchener Quartiers ist in eine Cloud eingebunden. Dadurch kann die Energieeffizienz ständig optimiert werden. Das Konzept basiert auf der Lösung ectogrid™, einem dynamischen Niedertemperaturnetz. „ectogrid™“ arbeitet wie eine große, über das Quartier verteilte thermische Batterie aus der, je nach Bedarf, Wärme und Kälte entnommen oder eingespeist werden kann. So wird der Wärme- und Kältebedarf lokal ausgeglichen.

Reallabore der Energiewende bringen Innovationen in die Praxis

Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz werden in den Reallaboren der Energiewende innovative Technologien in der praktischen Anwendung unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab getestet. Die in den Projekten gesammelten Erfahrungen können Fachleute anschließend nutzen, um den tiefgreifenden Umbau des Energiesystems in Deutschland entscheidend Richtung Klimaneutralität voranzubringen.

Mittlerweile sind bereits zwölf Reallabore der Energiewende gestartet. Einen Überblick über alle Vorhaben sowie weiterführende Informationen zum Thema finden Sie auf energieforschung.de. (bs)

Kontakt

Projektkoordinator

E.ON Energy Solutions GmbH
Tel.: 0201 18400

www.eon.com/cities

Energieversorgung in Gebäuden und Quartieren

Im Fokus der Forschung zu energieoptimierten Gebäuden und Quartieren stehen effiziente und zugleich wirtschaftliche Versorgungsstrukturen. Systemische Ansätze statt Einzellösungen sind gefragt, um Sektorkopplung und Digitalisierung voranzutreiben und den Primärenergiebedarf im gesamten System durch die Integration erneuerbarer Energien deutlich zu senken.

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