Nachhaltige Stadtentwicklung
Ressourceneffiziente Fabriken in der Stadt
Das Forschungsprojekt Urban Factory stellt sich den Herausforderungen einer Fabrik in städtischer Umgebung. Die Fabrik wird dabei nicht mehr nur als Energie- und Ressourcenverbraucher betrachtet. Hinzu kommt die Möglichkeit der Versorgung umgebender Stadtteile mit zum Beispiel in der Produktion anfallender überschüssiger Wärmeenergie. Neu ist deshalb eine Ausweitung der Untersuchungen auf Methoden und Technologien, die die Verbrauchssenkung der im urbanen Kontext maßgebenden Ressourcen ermöglichen: Strom, Wärme, Treibstoff, Boden, Stadtgesellschaft. Die Erkenntnisse fließen in eine Wissensplattform ein, mit deren Hilfe Anwender Vorschläge für ressourceneffiziente städtische Produktionsstandorte erhalten sollen.
Städte sind mehr denn je in Bewegung. Im Strudel vielfältiger Wachstums- und Schrumpfungsprozesse wurden und werden in Deutschland Produktionsstätten an den Stadtrand, ins Ausland oder auf die grüne Wiese verlagert. Unzählige Unternehmen kämpfen um den Erhalt erfolgreicher städtischer bzw. stadtnaher Standorte. Die „Urban Factory“ der Zukunft erkennt die Vorteile stadtnaher Produktionsstandorte und findet ressourceneffiziente Lösungen, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Im Sinne nachhaltiger Stadtentwicklung und zukunftsfähiger Unternehmensgestaltung treten Stadt und Industrie in einen konstruktiven Dialog. Dadurch kann nicht nur der Erhalt städtischer Produktionsstandorte gesichert und deren Leistungsfähigkeit erhöht werden. Es ist ebenfalls möglich, die negativen Effekte der Produktion auf das umliegende Quartier und die Stadtgesellschaft zu mindern und darüber hinaus einen Mehrwert für die Stadt und ihre Bedürfnisse zu schaffen – beispielsweise durch industrielle Abwärmenutzung.
Forschungsfokus
Unter der Leitfrage „Wie funktionieren Fabrik-Stadt-Systeme effizienter?“ ist die Steigerung von Vorteilen bzw. Minderung negativer Auswirkungen von Produktion in der Stadt ein zentrales Anliegen des Forschungskonsortiums. Zugleich sollen die planerischen Einflussmöglichkeiten für eine Integration von Produktionsstätten in spezifische Stadträume aufgezeigt werden. Ziel ist die Steigerung der positiven Effekte, vor allem der Ressourceneffizienz sogenannter Stadt-Fabrik-Verbünde.
Dabei geht es nicht um die singuläre Untersuchung der Teilsysteme „Stadt“ und „Fabrik“, sondern eine Schnittstellenbetrachtung zwischen Produktion und urbanem Umfeld. So können Synergiepotenziale ermittelt werden, die sich aus der Kombination und Interaktion beider Teilsysteme ergeben. Denn deren Vernetzung werden von klassischen Effizienzinitiativen vernachlässigt. Zudem liegt der Fokus bislang eher auf Strom als Energieträger oder der Reduktion des Materialeinsatzes in der Produktion. deshalb sollen die Forschungsarbeiten auf Methoden und Technologien ausgeweitet werden, die eine Verbrauchssenkung aller im urbanen Kontext maßgebenden Ressourcen ermöglichen: Strom, Wärme, Treibstoff, Boden, Stadtgesellschaft. Die Fabrik wird dabei nicht nur als Energie- und Ressourcenverbraucher betrachtet. Die Forscher ziehen die Möglichkeit der Versorgung umgebender Stadtteile mit beispielsweise überschüssiger Wärmeenergie über ein Nahwärmenetz mit ein.
Zentrale Idee und Ansatz
Die grundlegende Idee des Projekts besteht in der Vernetzung der Akteure in Stadtquartieren mit Produktionsstätten in unmittelbarer Umgebung. Ziel ist die „Überwindung des Werkszauns“. Mit einer Beschreibung der Austauschbeziehungen von Fabrik und Stadt sollen Effizienzpotenziale ermittelt und durch eine Kooperation der betroffenen Player ausgeschöpft werden.
Erprobung und Anwendung
Fallstudie Lastenrad
Die Erhöhung der Ressourceneffizienz von Produktionsstätten im urbanen Raum ist aus verkehrlicher bzw. logistischer Sicht herausfordernd. Die logistischen Aktivitäten und das Verkehrsaufkommen zur Ver- und Entsorgung der Fabrik müssen dahingehend untersucht werden, inwiefern eine Steigerung der Integrationsfähigkeit der Fabrik durch Minderung negativer Verkehrseffekte erreicht werden kann. Positive Effekte werden vor allem durch die Nutzung elektrischer Fahrzeuge vermutet. Zur Untersuchung ihrer Praxistauglichkeit im städtischen Wirtschaftsverkehr wird eine Fallstudie durchgeführt, in der zwei elektrische Lastenräder bei Anwendungspartnern inner- und außerbetrieblich eingesetzt werden. Der Einsatz wird durch Datenaufnahmen begleitet und hinsichtlich ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte ausgewertet.
Fallstudie Fernwärme
Im Untersuchungsgebiet Siegen-Geisweid soll eine Fernwärmeschiene etabliert werden, die industrielle Abwärme aus dem Lichtbogen-Verhüttungsprozess für die Nachbarschaft nutzbar macht. Im Fokus der Untersuchungen steht das Werk der Deutschen Edelstahlwerke GmbH, das von urbanen Funktionsräumen wie Wohngebieten, Einzelhandel, Verkehrsinfrastruktur, Bildungseinrichtungen, Verwaltungsgebäuden, Freizeitflächen, Grünflächen etc. umgeben ist. Primäre Wärmesenke soll der nahegelegene Uni-Campus werden. Für die Potenzialanalyse und zur Planung möglicher Trassenverläufe werden unterschiedliche Methoden genutzt.
Zum einen werden halbautomatisiert Cluster- und Netzwerkanalysen durchgeführt. Diese basieren auf flächendeckenden GIS-gestützten Wärmebedarfsberechnungen nach EnEV für Gebäude in definierten, bestehenden Stadträumen. Die entwickelte Methode wird im Kontext dieses Projekts praktisch erprobt und evaluiert. Dafür werden aktuell noch die lizenzpflichtigen ArcGIS-Softwareprodukte von ESRI genutzt. Eine Vermarktung ist dabei nicht vorgesehen. Zum anderen wird der Wärmebedarf in der Umgebung durch die Anfrage potenzieller Wärmeabnehmer erhoben. Hierbei liegt der Fokus auf Abnehmern mit großem Wärmebedarf, sogenannten Ankerkunden. Deren Standorte geben den groben Verlauf der Wärmetrasse vor. Für eine detaillierte Planung sollen diese vorläufigen Trassenansätze mit den Analysen flächenmäßig erfasster Quartiersbedarfe kombiniert werden. Damit soll eine hohe Dichte von Abnehmern bei möglichst kurzen Trassenverläufen realisiert werden. Basierend auf den technischen Anschlussdaten der Gebäude der Ankerkunden, z. B. Temperaturniveaus und Leistung, sollen die Anschlussmöglichkeiten weiterer Gebäude im Detail untersucht werden.
Fallstudie BLB
Die Einrichtung Battery Lab Factory Braunschweig (BLB) in Braunschweig erforscht das Produkt Batterie sowie die Produktion von Batteriezellen. Besondere und gleichzeitig typische Herausforderungen der BLB ergeben sich durch die nahe Wohnbebauung und die direkt anschließenden Einrichtungen der TU Braunschweig. Darüber hinaus stellen die besonderen Produktionsprozesse hohe Ansprüche an die Kommunikation und Integration in die Umgebung dieses Standorts. Im Rahmen der Fallstudie wird das im Forschungsprojekt entwickelte Bewertungsvorgehen erprobt. Zusätzlich kommen neue Methoden der Analyse urbaner Produktionsstandorte zum Einsatz, zum Beispiel durch strukturierte Mitarbeiterbefragungen. Im Kontext der Fallstudie sollen Strategien für die Kommunikation von Transformationsprozessen und ein Leitfaden zur Aktivierung der einbezogenen Akteure erarbeitet werden.
Forschung
TU Dortmund - Institut für Transportlogistik (ITL)
http://www.itl.tu-dortmund.de
info@itl.tu-dortmund.de
Tel.: +49(0)201 3618-0
Forschung
Universität Duisburg-Essen, Institut für Stadtplanung und Städtebau
http://www.uni-due.de/staedtebau
sekretariat@ias.rwth-aachen.de
Tel.: +49(0)201-183-2800
Forschung
TMT - Tapping Measuring Technology GmbH
http://www.tmt.com
contact@tmt.com
Tel.: +49(0)271-4014-0