In der Stadt Esslingen entsteht bis 2025 auf 120.000 m² BGF ein neues innerstädtisches Quartier aus Wohn- und Gewerbeflächen sowie einem Hochschulneubau. Die Umsetzung soll als „CO2-neutrales Stadtquartier“  mit optimaler Integration von erneuerbaren Energien realisiert werden. Grundlage bilden energieeffiziente Gebäude sowie ein flexibles System von Stromerzeugern, Stromverbrauchern und Energiespeichern auf Gebäude- und Quartiersebene. Das notwendige Energiemanagementsystem soll als "Smart Grid" agieren, einem übergreifenden digitalen Informations- und Kommunikationsnetz, das die dezentralen Energieversorgungssysteme und Verbraucher optimal vernetzt. Im aktuellen Projekt wird die umsetzungsorientierte Planung durchgeführt.

Mit dem „integrierten Klimaschutzkonzept für Energie und Verkehr“ hat die Stadt Esslingen beschlossen, bis zum Jahr 2020 die CO2-Emissionen um 25% zu reduzieren. Wichtiger Baustein zur Realisierung der Klimaschutzziele ist das zwischen 2015-2020 entstehende neue innerstädtische Quartier „Neue Weststadt“. Es entstehen Wohn- und Gewerbeflächen mit Büronutzung sowie ein Hotel und mehrere Gebäude der Hochschule Esslingen.

Der östliche Bereich wird komplett durch den Wohnbauträger RVI aus Saarbrücken bebaut. Es werden rund 500 Wohneinheiten sowie einige Gewerbe- und Büroflächen realisiert. Die Objekte müssen bilanziell die CO2-Neutralität erfüllen. Im Rahmen der Projektbearbeitung wurde entschieden, dass der westliche Bereich ab ca. 2020 eine Neubebauung durch die Hochschule Esslingen erhalten wird. Dafür müssen die erhöhten energetischen Anforderungen des Landes Baden-Württemberg für eigene Liegenschaften eingehalten werden.

Forschungsfokus

Auf Quartiers- und Gebäudeebene soll ein ganzheitlicher Energieeffizienz-Ansatz zur Reduzierung des Energiebedarfs (Wärme, Kälte und Strom), rationeller Energieerzeugung und der Nutzung Erneuerbarer Energien verfolgt werden. Der nach Umsetzung der Einsparpotentiale verbleibende Energiebedarf im Quartier soll in der Jahresbilanz zu 100% aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden und damit ein „CO2-neutrales Stadtquartier“ entstehen. Dies beinhaltet die Untersuchung sämtlicher Speichertechniken für Wärme und Strom einschließlich der Sektorkopplung (Power-to-Heat (P2H), Power-to-Gas (P2G)).

Das Quartier „Neue Weststadt“ soll einen Beitrag zur Umsetzung eines "Smart Grid" leisten, d. h. die Vernetzung dezentraler erneuerbarer Energie- Versorgungssysteme mit einem übergreifenden digitalen Informationsnetz. Die Einbindung in die urbane Infrastruktur (z. B. Strom- und Gasnetz) der angrenzenden Stadtquartiere wird dabei berücksichtigt (keine autarke Insellösung).

Ein Wesentlicher Fokus des Projektes liegt auf der Verfolgung eines integralen Planungsansatzes. Dazu wird ein Planungstool für Stadtquartiere entwickelt und validiert, das die optimale Auslegung von verschiedenen Energieversorgungsvarianten und deren Auswirkung auf den CO2-Ausstoss und die Wirtschaftlichkeit benutzerfreundlich ermöglicht.

Quartierskonzept

Die Baumaßnahmen der RVI starteten im Sommer 2016 mit dem ersten Wohngebäudeblock mit ca. 125 WE. Zwei weitere Blöcke mit überwiegender Wohnnutzung folgen im Jahrestakt. Mit einem Bürogebäude und voraussichtlich einem Hotel schließt die Bebauung im westlichen Teil etwa 2020 ab. Danach beginnt die Bebauung des Hochschulareals im Westen.

Alle Gebäude werden aus stadtplanerischen Gründen als Blockrandbebauung mit Flachdächern (4-6 Geschosse) ausgeführt. Dies und die nahezu vollständige Überbauung der Grundstücke (Tiefgaragen im Innenhofbereich) stellen besondere Herausforderungen für die regenerative Energienutzung dar. Solarflächen stehen damit nur begrenzt zur Verfügung und die thermische Nutzung des Untergrunds ist erschwert. In gemeinsamen Planungsrunden zwischen Stadt, Investor und Betreiber wurden Lösungen für diese Problematik gesucht. Zur optimalen Energienutzung wurde mit dem Betreiber ein Mieterstrommodell erarbeitet, das u.a. Anreize durch intensive Nutzerinformationen setzen soll.

Energiekonzept

Aufgrund des engen Bauzeitenplans wurde für den ersten Baublock ein singuläres Energiekonzept entwickelt, das die geforderte CO2-Neutralität bei niedrigsten Kosten für Investor und Nutzer erfüllt. Das Konzept basiert auf lokaler Stromerzeugung durch PV und BHKW sowie Eigenstromnutzung über ein Mieterstrommodell. Das BHKW und der Spitzenkessel werden mit Reststoff-Biomethan betrieben, um die zusätzlichen Energielieferungen möglichst CO2-arm zu gestalten. Die spätere Ankopplung an die weiteren Baublöcke ist optional vorgesehen.

Das Gesamtenergiekonzept wird derzeit entwickelt. Durch die nahezu vollständige Bebauung des Grundstücks sind große Speicherbauwerke nicht umsetzbar. Erdwärme ist durch die geologische Situation nicht nutzbar. Als Wärmequelle einer zentralen Wärmepumpe wird derzeit ein Hauptabwassersammler favorisiert.

Parallel dazu entwickelten die Planer ein Konzept mit einer Power-to-Gas-Anlage mit Rückverstromung, wobei die Abwärme beider Prozesse ebenfalls der zentralen Wärmeversorgung zur Verfügung steht. Dieses Konzept wird derzeit auf die wirtschaftliche Umsetzbarkeit überprüft.

Performance und Optimierung

Es liegen noch keine Messwerte vor, da das erste Gebäude erst nach Beendigung der ersten Projektphase, ca. Frühjahr 2018 bezogen wird. Unabhängig von einer Projektverlängerung wurde eine Monitoringphase von 2 Jahren mit dem Investor vereinbart, um die Energieverbräuche und teilweise das Nutzerverhalten (anonymisiert) auf Wohnungsebene zu ermitteln und zu bewerten.

In energieeffizienten Gebäuden hat das Nutzerverhalten wesentlichen Einfluss auf den Energieverbrauch. Das Nutzerinterface ist eine Cloud-basierte Plattform zur gezielten Information und Sensibilisierung der Bewohner zum Energiesparen. Über die interaktive Oberfläche erhalten die Bewohner spielerisch Zugang zu aktuellen Verbrauchsdaten, Nutzungsempfehlungen und zur Steuerung von Haushaltsgeräten. Um neben den energetischen Aspekten auch die Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, werden die Gebäude nach DGNB zertifiziert. Hier ist mindestens die Qualitätsstufe Silber zu erreichen.

Zuletzt aktualisiert am: 12.07.2021

EnEff:Stadt Esslingen: Smart Energy City Neue Weststadt Esslingen Nutzung erneuerbarer Energien im Smart Grid

För­der­kenn­zei­chen: 03ET1340A

Projektlaufzeit
01.10.2015 31.10.2017 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Gebäudebetrieb & Gebäudeautomation, Quartierskonzepte, Neubau von Siedlungen, Energiespeicherung, Betriebsführung & Energiemanagement, Lastmanagement, Monitoring & Bilanzierung, Mensch & Technik

För­der­sum­me: 541.201,10 €

Kontakt

Koordination
Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Gebäude- und Solartechnik (STZ-EGS)
http://www.stz-egs.de

Tel.: +49(0)711-99007–5

©photo 5000 - stock.adobe.com

Quartier und Stadt

Neben der energetischen Optimierung einzelner Gebäude birgt die ganzheitliche Betrachtung städtischer Siedlungsräume ein großes Potenzial zur Steigerung der Energieeffizienz. Städte können dabei wichtige Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen vorgeben.

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