Mit neuartigen, leichten und flexiblen Konstruktionen aus Folien oder textilem Gewebe lassen sich Gebäude energetisch optimieren. Die funktionalen Eigenschaften von Membranen werden optimiert und neuartige Komponenten und Systeme entwickelt, beispielsweise die Oberflächenfunktionalisierung mit low-e Beschichtungen zur Verbesserung des Wärmeschutzes. Die entwickelten Lösungen sollen sich auch für die Überdachung von Innenhöfen und Atrien eignen. Dabei sind thermische Strömungsverhältnisse sowie Tageslichtsituationen im Atrium und den angrenzenden Räumen zu berücksichtigen.

Die Allianz-Arena in München oder der Water Cube in Peking zeigen auf spektakuläre Weise die neuen Möglichkeiten textiler Architektur. In dem EnOB-Forschungsprojekt „Entwicklung von niedrig-emittierenden Beschichtungen in der textilen Architektur“ wurden Folien, Gewebe und Membrankonstruktionen mit einer speziellen Beschichtung ausgerüstet, welche die wärmetechnischen Eigenschaften entscheidend verbessern. Man spricht von low-e Schichten, welche wenig Wärme abstrahlen und Wärmeeinstrahlung gut reflektieren.

Im Rahmen eines neuen Forschungsprojekts „Membrankonstruktionen zur energetischen Sanierung von Gebäuden (MESG)“ sollen zum einen neue Konzepte erarbeitet werden, um durch den Einsatz von Folien bzw. Geweben in der Sanierung eine deutliche Energieeinsparung für Gebäude in Deutschland zu erreichen. Dabei geht es sowohl um Heiz- als auch um Kühl- und Beleuchtungsenergie. Zum anderen können solche Konzepte auch im Neubau zu einer energetischen Optimierung beitragen.

Eine neue Entwicklung des textilen Bauens hat der Einsatz von pneumatischen Kissen aus Folien mit sich gebracht. Die Vorzüge der Kissen liegen dabei auf der Hand. Der luftgefüllte Zwischenraum mit einem Überdruck von ca. 0,2 bar ist in der Lage ein gewisses Maß an Wärmedämmung zu bieten, die Kissen sind sehr leicht, von hochtransparent bis mit Rasterbedruckung in ihrer Lichttransmission steuerbar und bieten günstige geometrische Randbedingungen beim Einsatz in Hochbauten.

Eine allseitig ebene Randlagerung bietet große Flexibilität bis hin zum modularen Einsatz beim Einbau in Gebäuden. Dies ist zum Beispiel bei der einlagigen Folienfassade des Schulungszentrums für die Bergwacht in Bayern (Arch.: Herzog + Partner) auf eindrückliche Weise demonstriert.

Schulungszentrum der Bergwacht Bayern mit der auffälligen elementierten Membranfassde. Architektur: Herzog + Partner.
© Jan Cremers
Schulungszentrum der Bergwacht Bayern mit der auffälligen elementierten Membranfassde. Architektur: Herzog + Partner.

Forschungsfokus

Weiterentwicklungen in der Materialforschung, dem ingenieurtechnischen Know-how und der Computertechnologie zur Handhabung der komplexen geometrischen Randbedingungen und der räumlichen Erfassung von Kräftefluss und Tragverhalten haben die Einsatzgebiete von Membranen als Gebäudehüllen seitdem deutlich erweitert. Neue leistungsfähige Planungswerkzeuge, welche die Membranflächen geometrisch dreidimensional erfassen und verarbeiten können, ermöglichen deren Einsatz in wirtschaftlich vertretbarer Weise und sind planerisch, wie fertigungstechnisch beherrschbar.

Im aktuellen Forschungsprojekt wird zunächst eine Typologie zur Anwendung von Membranen im Bereich der Gebäudehülle erarbeitet. Die wesentliche Aufgabe besteht in der Kombination der baukonstruktiven, funktionalen und gestalterischen Anforderungen. Darauf aufbauend werden die funktionalen Eigenschaften optimiert und neuartige Komponenten und Systeme entwickelt.

Neben einer Optimierung der funktionalen Eigenschaften der Membranen sollen vor allem neuartige Komponenten und Systeme entwickelt werden. Einzelne, bereits auf dem Markt erhältliche Komponenten werden zu neuen und innovativen Systemen kombiniert. Im Detail werden die Punkte Wärmedämmung, Sonnenschutz, Lüftung, Energiespeicherung und Pufferung von Wärmespitzen, passive und aktive (thermische) Solarenergienutzung sowie Erzeugung elektrischer Energie bearbeitet.

Membran mit integriertem PV-Modul
© Jan Cremers / Hightex GmbH
Membran mit integriertem PV-Modul

Außerdem wird im Rahmen des Vorhabens ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, bei dem neben den einzelnen Komponenten auch deren Integration in das Gebäude und das für die Heizung bzw. Klimatisierung notwendige Regelkonzept betrachtet wird. So ist beispielsweise eine Erhöhung der thermischen Masse bei einer gleichzeitigen Verringerung der Ansprechzeit der Gebäuderegelung wünschenswert, um eine optimale Regelstrategie hinsichtlich Lüftung, Heizung und Kühlung zu ermöglichen.


Erfolge

Bisher konnten funktionelle Oberflächenbeschichtungen entwickelt werden, welche die Wärmeabstrahlung an die Umgebung reduzieren. Solche low-e Gewebe können die Wärmedämmung von Membrankonstruktionen deutlich verbessern und tragen damit zur Erhöhung der Energieeffizienz im Gebäude bei. Es ist dabei gelungen, die low-e Eigenschaft mit einem beliebigen Farbeinruck zu kombinieren, um dadurch flexible architektonische Gestaltungsmöglichkeiten zu erhalten.

Auch lassen sich die thermischen Eigenschaften von Membrankissen durch eine weitere Membranlage von 3,3 auf 1.8 W/m2K (U-Wert) verbessern. Wird zwischen die Folien ein Aerogel-Vlies eingebracht, liegt der U-Wert bei ca. 0,4 W/m2K. Silica-Aeogel ist transluzent und eignet sich für den Einsatz in einer Konstruktion mit pneumatischen Folienkissen. Ein weiteres Vorhabensziel ist die Vorbereitung einer Pilotanwendung und Umsetzung von einzelnen Innovationen und Weiterentwicklungen im Zusammenhang mit realen Gebäuden nach Projektende. 

Anwendung

Für zwei Objekte der HFT Stuttgart sowie der TU München, entwickelten die Wissenschaftler ein Konzept für eine Innenhofüberdachung. Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten waren die thermischen Strömungsverhältnisse sowie die Tageslichtsituation im Atrium und den angrenzenden Räumen. Die Ergebnisse zeigen, dass für Lüftungsmöglichkeiten über das Membrandach zu sorgen ist, da die Innentemperaturen im Sommer mit der Höhe stetig ansteigen. Hier bieten sich nach oben verschiebbare Kissen an. Je nach Hubhöhe entsteht eine variable Öffnungsweite. Für den notwendigen Luftaustausch sorgt eine ausreichende Anzahl von regelbaren Lufteinlässen.

Die Tageslichtsituation ist abhängig von der Geometrie und Größe des überdachten Innenhofes. Im Fall der HFT Stuttgart führt die geringe und schlauchartige Fläche von 400 m2 Dachfläche dazu, dass die angrenzenden Büroräume bereits ab einer Raumtiefe von 2 m nicht mehr mit genügend Tageslicht versorgt werden. In München, mit einer überdachten Fläche von 1.300 m2, verfügen die Büros über ausreichend Tageslicht.

Das Klimakonzept stellt hohe Ansprüche an die TGA. Das Atrium verhält sich ähnlich einem Luftkollektor. Die Lufttemperaturen variieren stark je nach Luftwechsel und solarer Einstrahlung.

Verglichen mit einem Glasdach hat eine Membrankonstruktion einen deutlichen primärenergetischen Vorteil. Dies liegt an dem geringeren Materialverbrauch für das Tragwerk und der Dachhaut. Exemplarisch wurde für das Projekt in München jeweils der Primärenergiebedarf für eine Glas- als auch Membrankonstruktion mit Kissen berechnet. Der Energiebedarf für das Membrandach ist ca. 50% geringer.

Zuletzt aktualisiert am:
12.07.2021

Leichte und flexible Hüllen als funktionale Gebäudemembran

För­der­kenn­zei­chen: 0327240G

Projektlaufzeit
01.11.2008 29.12.2012 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Sanierung von Einzelgebäuden, Neue Materialien

För­der­sum­me: 360.147,00 €

Kontakt

Koordination

Bayerisches Zentrum für Angewandte Energieforschung ZAE
http://www.zae-bayern.de

+49(0)931-70564-0

Weiterführende Links

©photo 5000 - stock.adobe.com

Gebäude

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