28.08.2019 | Aktualisiert am: 12.07.2021

Ein Vakuum zwischen Glasscheiben macht Fenster undurchlässiger für Wärme und Kälte. Bislang erreichen schwere Isolierglasscheiben mit drei oder vier Scheiben den besten Isolierschutz. Das Forschungsprojekt „skalVIG“ unter Federführung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM soll nun zeigen, dass gute Dämmung auch mit weniger Materialeinsatz funktioniert – durch ein Vakuum zwischen nur zwei Isoliergläsern.

Fenster haben ein schwieriges Aufgabenprofil: Im Winter darf die Sonne die Wohnung aufheizen, im Sommer nicht. Im Winter soll die Wärme in der Wohnung bleiben, im Sommer natürlich draußen. Solche Ansprüche erfüllen derzeit am ehesten drei- oder vierfachverglaste Fenster.

„Dicke Mehrfachverglasungen werden aber zum Problem, wenn sie nicht fest verbaut sind, sondern man die Fenster auch öffnen möchte. Wand und Verschläge müssen dann ein hohes Gewicht aushalten - gerade bei Sanierungen sind Fenster mit guter Dämmung manchmal zu schwer“, erklärt Tobias Rist vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM.

Der Leiter der Gruppe Glasformgebung und -bearbeitung findet: Weniger ist mehr. Denn während bislang teure Edelgase wie Argon zwischen den Scheiben für einen Dämm-Effekt sorgen, forscht er an einem Vakuum-Zwischenraum.

Eine Vakuum-Isolierglasscheibe wird auf der Messe Glasstec 14 ausgestellt.
Eine Vakuum-Isolierglasscheibe wird auf der Messe Glasstec 14 ausgestellt. (© Fraunhofer IWM)

Sogenannte Vakuumisoliergläser (VIG) messen weniger als einen Zentimeter Dicke, etwa ein Viertel einer Dreifach-Isolierverglasung. Das Forschungsprojekt skalVIG will ihnen nun den Weg auf den Fenstermarkt ebnen, die Abkürzung steht dementsprechend für: Hochskalierbare umweltverträgliche Herstellprozesse und Objektdemonstration der Vakuumisolierglas-Technologie.

Wissenschaftler entwickeln Ergebnisse der Vakuumisolierglas-Forschung weiter

Die Idee, ein Vakuum als Zwischenraum zu nutzen, ist nicht neu. „Wir haben an unserem Institut in vorigen Projekten schon technologisches Knowhow angesammelt“, erklärt Rist. Eine Herausforderung war, dass der atmosphärische Druck auf die Flachgläser etwa zehn Tonnen pro Quadratmeter beträgt.

Im vorangegangenen Projekt VIG-S, das von 2013 bis 2015 lief, nutzten die Forscherinnen und Forscher kleine Metallzylinder als Stützkörper für den Zwischenraum. Das funktioniert gut. Aber ein letztes Problem bleibt: „Die Herausforderung ist, das Vakuum dauerhaft zu halten“, so Rist. Dass das funktionieren kann, zeigt ein Prototyp aus dem VIG-S-Projekt.

Ein geschweißter Metallrahmen eines Vakuum-Isolierglases.
Ein geschweißter Metallrahmen eines Vakuum-Isolierglases. (© Fraunhofer IWM)

„Jetzt wollen wir die Prozessschritte robust konzipieren, sodass sie als Vorlage für die industrielle Fertigung dienen können“, sagt Rist. Deshalb sind auch eine Menge Industriepartner beim aktuellen Projekt an Bord, denn skalVIG soll die komplette Prozesskette abdecken: Die Firma Laser Integration Laser Applikation kümmert sich um die Schweißtechnik, TS Elino um die Anlagen für den Lötprozess, RJ Lasertechnik arbeitet an innovativen Schweißverfahren im Vakuum, HEGLA entwickelt Lösungen zum automatisierten Setzen der Stützen und bringt Expertise aus dem Glashandling ein, TMP Fenster + Türen wird schließlich Demonstrationsobjekte herstellen.

Komplexer Randverbund

Bislang hatten Forscherinnen und Forscher mit sogenanntem Glaslot gearbeitet, um den Rand der Doppelglasscheibe abzudichten. Das hat funktioniert, aber Glaslot wird starr. Bei hohen Temperaturunterschieden zwischen den beiden Fensterseiten kann die mechanische Spannung zu Rissen führen. Dann aber dringt Luft in den Zwischenraum ein, was den Dämmeffekt stark einschränkt.

Isoliergläser im Vergleich

Deshalb wollen die Partner nun einen flexiblen Randverbund aus Metallband fertigen. Das ist bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen unter 250 Grad möglich, sodass die Spannung der Gläser nicht unter den hohen Temperaturen während der Fertigung nachlässt. Wenn das gelingt, wäre das ein großer Schritt im Bereich der Dämmung.

Wie gut eine Scheibe das beherrscht, gibt der sogenannte U-Wert wieder. Laut Energieeinsparverordnung EnEV 2014 dürfen Fenster höchstens einen U-Wert von 1,3 W/m2K haben. Vakuumisoliergläser könnten U-Werte von 0,4 erreichen; einen Wert, den bislang nur mit Edelgasen gefüllte Vierfach-Isolierverglasungen schaffen. Sie sind aber mehr als fünf Zentimeter dick und wiegen rund 40 Kilogramm pro Quadratmeter.

Vakuumisoliergläser wären nur halb so schwer. Deshalb hat Rist auch Sanierungsarbeiten an Altbauten im Blick, deren Bausubstanz ist nicht auf schwere und dicke Scheiben ausgelegt. Umweltfreundlich wären solche Fenster wegen des geringeren Materialeinsatzes und des einfacheren Transports. Begonnen haben die Arbeiten am Projekt skalVIG im Juli, das Projekt läuft über drei Jahre.

Kontakt

Koordination

Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik
Wöhlerstraße 11, 79108 Freiburg
https://www.iwm.fraunhofer.de

+49 761 5142- 0

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