01.09.2021 | Aktualisiert am: 03.09.2021

Wie speichern wir überschüssige Wärme im Sommer, um sie im Winter zu nutzen? Im jetzt gestarteten Vorhaben Efficient Pit widmet sich ein Team aus Hamburg, Rechlin und Stuttgart den Erdbecken-Wärmespeichern. Es entwickelt neue Materialien und Konstruktionsprinzipien für eine effizientere Generation der Wärmespeicher.

Eine Abdeckung muss her! Schon bei einem kleinen aufstellbaren Pool im Garten kommt man schnell zu dieser Erkenntnis. Denn es gilt, das Wasser möglichst warm und sauber zu halten. Doch wie muss die perfekte Abdeckung aufgebaut sein? Auch bei Erdbecken-Wärmespeichern stellt sich diese Frage. Schließlich soll die gespeicherte Wärme möglichst lange erhalten bleiben.

Erdbecken-Wärmespeicher sind multifunktional

Erdbecken-Wärmespeicher sind künstlich angelegte Becken: Eine große Grube wird gegen das Erdreich abgedichtet, gedämmt, mit Wasser gefüllt und mit einer schwimmenden Abdeckung versehen. Unterschiedliche Wärmequellen können das Wasser erhitzen, beispielsweise Sonnenkollektoren oder Abwärme. Das bis zu 95 Grad Celsius warme Wasser lädt den Speicher auf. In Zeiten mit wenig Einstrahlung oder Abwärme gibt der Speicher diese Wärme wieder ab. Ursprünglich wurden erdvergrabene Langzeit-Wärmespeicher als Teil solarer Wärmenetze entwickelt. Heute dienen sie meist als Multifunktions-Wärmespeicher. Sie speichern Wärme unterschiedlicher Quellen für mehrere Tage und bei Bedarf saisonal vom Sommer bis in den Winter. Außerdem ermöglichen sie die Sektorkopplung zwischen den Bereichen Strom- und Wärmeversorgung.

Eine Abdeckung der Wärmespeicher nach oben bewirkt, dass möglichst wenig Wärme verloren geht. Zudem ist das Wasser im Speicher vor äußeren Einflüssen wie Niederschlag und Verunreinigungen geschützt. Das Team des Projekts Efficient Pit (Entwicklung hocheffizienter Erdbecken-Wärmespeicher für Wärmenetze) untersucht Materialien und optimiert den Aufbau der schwimmenden Abdeckung. Denn diese muss viele Anforderungen erfüllen: Sie soll gut isolieren, lange halten, temperaturbeständig, leicht, stabil und auch kostengünstig sein.

Efficient-Pit-Team baut eigenes Speicherlabor

Verschiedene Schichten der Abdeckung dienen als Dämmung, Dampfsperre oder Drainage. Die Forschenden von Efficient Pit wollen unterschiedliche Stärken, Zusammensetzungen und Anordnungen dieser Schichten untersuchen. Sie schauen sich sowohl die Abdeckung, als auch die temperaturbeständigen Kunststoffdichtungsbahnen, die den Boden und die Wände des Speichers auskleiden, an. Dazu planen die Projektbeteiligten des Steinbeis Forschungsinstituts Solites und der Solmax Geosynthetics GmbH den Bau eines Test-Wärmespeichers. „In unserem Speicherlabor können wir die unterschiedlich aufgebauten Abdeckungen und Kunststoffdichtungsbahnen im Dauertest analysieren. Das Handling, die Montage und die Verschweißung der Bahnen können wir unter realen Bedingungen mit unseren Installationsteams durchführen. So lassen sich verschiedene Bauweisen im Gesamtsystem betrachten und verbessern“, hebt Thomas Labda, Projektleiter und Key Account Manager Renewable Energy bei Solmax, die Vorteile hervor.

Wie schnell altern temperaturbeständige Kunststoffdichtungsbahnen?

Zusätzlich werden die entwickelten temperaturbeständigen Kunststoffdichtungsbahnen auch im Laborversuch auf Alterungsprozesse hin untersucht. Dazu sollen Materialproben in Autoklaven und Öfen hohen Drücken und Temperaturen ausgesetzt werden. In Verformungstests prüft das Efficient-Pit-Team, wie stabil die künstlich gealterten Materialien sind.

Die Forschenden bringen zudem eine helle Signalschicht auf die schwarzen Kunststoffdichtungsbahnen auf. Die Signalschicht lässt das Installationsteam oder die Industrietaucherinnen und -taucher bei Inspektionen frühzeitig mögliche Beschädigungen erkennen. Eine Leckortungsschicht soll im Zusammenspiel mit einem Kontrollsystem mögliche Leckagen anzeigen.

Im Rahmen des vier Jahre laufenden Vorhabens soll auch die Informationswebsite www.saisonalspeicher.de erneut gelauncht werden. Auf dieser Wissensplattform werden die Ergebnisse der Forschung und Entwicklung zum Thema gebündelt.

Speicherforschung seit über 25 Jahren

In Europa gibt es etwa 20 erdvergrabene Langzeit-Wärmespeicher in unterschiedlichen Bauweisen. Darunter acht Erdbecken-Wärmespeicher, die in den letzten Jahren überwiegend in Dänemark gebaut wurden. Auch der aktuell weltweit größte Speicher dieser Art befindet sich in Dänemark. Er fasst 200.000 m³. Insbesondere erdvergrabene Wärmespeicher mit großen Volumina von über 50.000 m³ werden als Erdbecken-Wärmespeicher ausgeführt, da dies die kostengünstigste Bauweise ist.

Erdvergrabene Langzeit-Wärmespeicher werden bereits seit mehr als 25 Jahren erforscht. In den nationalen Förderprogrammen Solarthermie2000 und Solarthermie2000plus haben Expertinnen und Experten von Solites einige der damals zur saisonalen Nutzung gebauten Wärmespeicher mitentwickelt, im Bau begleitet und anschließend im Betrieb ausgewertet.

Im Vorhaben futureSuN haben sich Forschende diese Anlagen nach längeren Betriebszeiten angeschaut und ihre Langlebigkeit und Verlässlichkeit nachgewiesen. „Weitere Forschung und Entwicklung ist notwendig, um den multifunktionalen Einsatz von Wärmespeichern für die Wärmewende einen großen Schritt voranzubringen. Für die Erdbecken-Wärmespeicher wollen wir in Efficient Pit Tools erarbeiten, die das erforschte Wissen für den Markt zugänglich und anwendbar machen“, erklärt Dirk Mangold, Institutsleiter von Solites und Leiter des Arbeitskreises Langzeit-Wärmespeicher. Bereits 1999 wurde der Arbeitskreis Langzeit-Wärmespeicher gegründet, in dem sich Expertinnen und Experten austauschen können. (KStr)

Kontakt

Koordination
Dipl.-Ing. Thomas Labda
Solmax Geosynthetics GmbH aus Hamburg
www.solmaxgeosynthetics.de

+49 (0)40 40 76 74 20

Kontakt

Koordination
Magdalena Berberich M.Sc.
Solites - Steinbeis Innovation gGmbH
www.solites.de

+49 (0)711 673 2000-0

©struvictory - stock.adobe.com

Energieversorgung in Gebäuden und Quartieren

Im Fokus der Forschung zu energieoptimierten Gebäuden und Quartieren stehen effiziente und zugleich wirtschaftliche Versorgungsstrukturen. Systemische Ansätze statt Einzellösungen sind gefragt, um Sektorkopplung und Digitalisierung voranzutreiben und den Primärenergiebedarf im gesamten System durch die Integration erneuerbarer Energien deutlich zu senken.

mehr
©aryfahmed – stock.adobe.com

Klimaneutrale Wärme

Über die Hälfte der Energie in Deutschland nutzen wir, um unsere Häuser, Büros und Geschäfte zu heizen und um Wärme für Gewerbe und Industrie bereitzustellen. Der Übergang hin zu erneuerbarer Wärme, unvermeidbarer Abwärme und CO2-freien Brennstoffen muss organisiert werden.

mehr
Newsletter

Nichts mehr verpassen:

© bluejayphoto