Photovoltaisch-thermische Anlagen können mit Sonnenenergie Strom und Wärme erzeugen. Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz haben Forschende dieses System gleich dreifach optimiert: Sie entwickelten neue Kollektorkonzepte, eine effiziente Fertigung und optimierten die Betriebsweise in Kombination mit Wärmepumpen.

Städtische Räume sind meist dicht besiedelt und haben einen hohen Energiebedarf. Soll dieser mit erneuerbarer Energie gedeckt werden, müssen geeignete Flächen möglichst effizient zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden. Hier bieten sich so genannte Photovoltaisch-thermische (PVT)-Kollektoren an, die als Hybrid funktionieren: Sie wandeln Sonnenenergie sowohl in Strom als auch in Wärme um. Diese können wiederum als Antriebsenergie beziehungsweise Wärmequelle für Wärmepumpen genutzt werden. Besonders relevant kann dies für ältere, sanierungsbedürftige Gebäude in dichter Bebauung sein, bei denen die Wärmequellen Erdwärme oder Außenluft nur schwer erschlossen werden können.

Im Forschungsvorhaben PVTsolutions hat ein Team des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit dem Heizsystem-Anbieter Solvis und dem Absorberhersteller Solab jetzt PVT-Kollektoren entwickelt, die auch in Kombination mit einer Wärmepumpe gute Erträge erzielen können. Eine ihrer Entwicklungen konnten die Forschenden erfolgreich beim Europäischen Patentamt anmelden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat das Projekt PVTsolutions mit rund 1,8 Millionen Euro gefördert.

PVT-Kollektoren für unterschiedliche Temperaturniveaus

Auf einer Pilotfertigungslinie produzierten die Projektpartner zwei unterschiedliche PVT-Kollektortypen, die zusätzlich in Demogebäuden getestet wurden.

PVT-Kollektor mit Frontglas und Dämmung

Hierbei handelt es sich um einen gedämmten und vorderseitig abgedeckten Kollektor. Die zusätzliche Frontabdeckung des PV-Moduls durch eine Glasscheibe sowie die rückseitige Wärmedämmung dienen dazu, den Wärmeverlust an die Umgebung zu minimieren. Damit können möglichst hohe Vorlauftemperaturen bei guter Effizienz erreicht werden. Der PVT-Kollektor ermöglicht es, in einem Heizsystem mit Niedertemperatur-Warmwasserbereitung die Wärme direkt und ohne Temperaturhub durch eine Wärmepumpe zu nutzen. Das Wissenschaftsteam konnte zeigen, dass gerade im Sommer und in den Übergangszeiten eine direkte Speicherbeladung (ohne Wärmepumpe) mit guter Kollektoreffizienz möglich ist. Kombiniert man diese Funktion zusätzlich mit einer Wärmepumpe, können die PVT-Kollektorjahreserträge nochmals deutlich steigen.

PVT-Niedertemperatur-Kollektor

Diese unabgedeckte Kollektorvariante ist teilweise mit einem Luftwärmeübertrager ausgestattet, der in Form von Alulamellen auf der Rückseite des Absorbers angebracht ist. Auf diese Weise ist es möglich, auch ohne Solarstrahlung Quellwärme für eine Wärmepumpe bereitzustellen. Experimente an kleinskaligen Absorbermustern haben gezeigt, dass die Lamellenstruktur eine Leistungssteigerung von 50 Prozent und mehr im Vergleich zur Probe ohne Lamellen ermöglicht. Bei einer realen PVT-Installation ist die Steigerung dabei sehr stark von der Montagesituation abhängig. Dieser Kollektortyp ist sehr spezifisch darauf ausgerichtet als Wärmequelle für eine Wärmepumpe im Heizsystem eines Gebäudes zu fungieren.

Unabgedeckte PVT-Kollektoren als einzige Wärmequelle für eine Wärmepumpe

Bei dieser Kombination hängt der Wärmeertrag und die Systemleistung und -effizienz wesentlich von der Größe der Übertragungsfläche zur Umgebungsluft beziehungsweise des PVT-Kollektorfeldes ab: Je größer etwa die durch Lamellen gesteigerte Übertragungsfläche beziehungsweise PVT-Kollektorfläche desto höher sind die Verdampfertemperaturen der Wärmepumpe und desto besser deren Jahresarbeitszahl (JAZ). Eine aufwändigere Bauart oder eine größere Kollektorfläche bedingen aber zugleich höhere Investkosten.

Um hier ein Optimum an Systemeffizienz und Wärmegestehungskosten für unterschiedliche PVT-Kollektorbauarten zu identifizieren und vergleichen zu können, wurden Systemsimulationen unter Variation der PVT-Kollektortypen und der installierten Kollektorfläche durchgeführt. Die Auftragung der Jahresarbeitszahl beziehungsweise der Wärmegestehungskosten über die jeweils verwendete Kollektorfläche pro Nennwärmeleistung  der Wärmepumpe zeigt dabei die optimalen beziehungsweise erforderlichen Mindestflächen (Abb.2). So zeigte sich etwa, dass bei einem rückseitig ungedämmten PVT-Kollektor eine Kollektorfläche größer als vier Quadratmeter erforderlich ist, um bei der JAZ vergleichbare Werte wie eine Luft-Wärmepumpe zu erzielen.

Allgemein ist es so, dass die Wärmeerträge und damit die JAZ steigen, je besser die thermische Anbindung des Fluids an die Umgebung ist. Dies kann etwa durch einen optimierten Wärmeübertrager im PVT-Kollektor ermöglicht werden. Ist das Kollektorfeld ausreichend groß, wird eine Jahresarbeitszahl zwischen der von Luft- und Solewärmepumpen erzielt. Je nach Kollektorbauart sind circa drei bis fünf Quadratmeter Kollektorfeld pro kWth Nennwärmeleistung der Wärmepumpe erforderlich.

Wärmepumpen-Booster mit abgedeckten PVT-Kollektoren

Gerade in Mehrfamilienhäusern gibt es einen hohen Bedarf an Warmwasser. Eine direkte Nutzung der PVT-Wärme ist oftmals bei geringer Sonneneinstrahlung aufgrund der hohen geforderten Temperaturen für Warmwasser nicht möglich. Daher untersuchten die Forschenden, wie hier abgedeckte PVT-Kollektoren am besten integriert werden können. Dazu kombinierten sie die Anlage mit einem Wärmespeicher bei dem eine so genannte Booster-Wärmepumpe das obere Speichervolumen erwärmt und dabei das untere Speichervolumen abkühlt. Durch die niedrigen Speichertemperaturen im unteren Volumen arbeiten die PVT-Kollektoren auf niedrigem Temperaturniveau und erzielen dadurch hohe thermische und elektrische Erträge.

Es zeigte sich, dass der Einsatz einer Booster-Wärmepumpe die thermischen Erträge von PVT-Kollektoren steigert (bis zu 300 Prozent bei abgedeckten PVT-Kollektoren). Da die Quelltemperatur auch bei geringer Einstrahlung durch die Wärmepumpe auf die Soll-Temperatur angehoben wird, kann ein deutlich größerer Anteil erneuerbarer Wärme für die Warmwasserbereitung verwendet werden. Der Beitrag des fossilen Heizkessels im Simulationsbeispiel kann so um 33 Prozent reduziert werden.

Praxistests in Mehrfamilienhaus und Bürogebäude

Die Expertinnen und Experten testeten die entwickelten PVT-Kollektoren und die verschiedenen Systemkonfigurationen in einem Mehrfamilienhaus im niedersächsischen Salzgitter-Hallendorf (Abb.1 und 4) und einem Bürogebäude in Wierthe bei Braunschweig. Dazu statteten sie die Anlagen mit Messtechnik aus, erfassten deren Betrieb mehrere Monate lang und werteten die gesammelten Daten aus. Im Mehrfamilienhaus kamen zehn abgedeckte PVT-Kollektoren (17 m2), ein 950 Liter Heizwasser-Speicher mit integriertem Heizmodul (Gas-Brennwert), eine Warmwasser- und Solarstation sowie eine Booster-Wärmepumpe zum Einsatz (Abb.3). Durch die kontinuierliche Erfassung der Betriebsdaten konnte das System schrittweise verbessert werden. Die Auswertung der Ergebnisse der Demoanlage wird sowohl von Solvis, als auch im Projekt integraTE  weitergeführt. 

In Wierthe kamen 20 unabgedeckte PVT-Kollektoren auf einer wandhängenden Unterkonstruktion (Abb.5) mit einer Gesamtbruttofläche von 33,5 Quadratmetern und 6,6 kWp elektrischer Leistung in fünf parallel verschalteten Teilfeldern zum Einsatz (Abb.6). Diese versorgten direkt die Quellseite einer Wärmepumpe mit 8 kW Nennleistung. Die Wärmepumpe deckt eine Teillast eines größeren Bürogebäudes ab, welches den für ältere Bestandsgebäude üblichen Energiestandard hat. 

Ergebnisse des Demoanlagenbetriebs mit unabgedeckten PVT-Kollektoren

  • Die Oberflächenvergrößerung der Rückseite der PVT-Kollektoren durch Alulamellen erbrachte unter Realbedingungen in dieser Einbausituation entgegen der Erwartungen keinen messbaren Vorteil.
  • Die Wärmepumpe der Demoanlage lief auch bei ungünstigen Bedingungen durch, der Einsatz des integrierten Heizstabes war nicht notwendig.
  • Auch bei reduziertem Flächenverhältnis (2,5 m2/kW) war die Bereitstellung von Temperaturen für Trinkwarmwasserbereitung und Radiatorheizung im Bestand möglich.
  • Die PVT-Kollektoren lieferten bei Einstrahlung Quelltemperaturen teils deutlich über den Außenlufttemperaturen.
  • Es konnten sehr gute Arbeitszahlen erreicht werden, diese lagen in den einzelnen Monatsmitteln zwischen 3,2 und über 4.

Kleben, Fügen, Fertigen: Der Weg zum optimierten PVT-Kollektor

Im Vorhaben PVTsolutions haben die Forschenden zusätzlich eine Fertigungstechnik entwickelt, die die optimierte Produktion von abgedeckten und unabgedeckten PVT-Kollektoren ermöglicht. Dazu war es zunächst erforderlich, die Komponente Absorber  anzupassen. Herausforderungen waren dabei die Materialauswahl und Fügetechnik. So müssen etwa Klebstoffe in PVT-Kollektoren jahreszeitlich schwankenden Temperaturen sowie Schnee- und Windlasten standhalten können und dabei möglichst ihre Festigkeit und Elastizität bewahren. Die Expertinnen und Experten führten verschiedene Test durch, bis sie schließlich die optimale Kombination aus Klebstoff und Klebeverfahren für die Produktionsbedingungen gefunden hatten.

Fertigung der PVT-Kollektoren

Abb.7: CAD-Darstellung der Pilotfertigungslinie
© Gunther Hesse / Fa SOLAB GmbH
Abb.7: CAD-Darstellung der Pilotfertigungslinie

Auf Position 1 wird das PV Modul in die Linie eingefahren. Dort wird der Kleber aufgetragen. Der braun belegte Rollentisch (Position 2) ist ein schon mit Gegenkontur belegtes PVT-Element, das auf die Gewichtsbeschwerung (gelb) wartet. Diese wird auf Position 3 zugeführt und auf Position 7 wieder abgenommen. Die Positionen 4-7 dienen zum Abbinden des Klebers. Die Rollenbahn ist nach rechts minimal geneigt, sodass die Kräfte zur Bewegung der Warenträger minimal sind. Auf Position 7 befindet sich ein Stopper. Dort wird das Gewicht wieder abgehoben. Auf Position 8 findet die Qualitätskontrolle statt. Zum Anheben, Verfahren und Absenken der Gewichte dient ein Hebekran mit Laufkatze, der über eine Fernsteuerung zu bedienen ist.

Als Alternative zu bisher verwendeten Absorberblechen identifizierten die Forschenden Aluminium-Streckgitter. Diese können einen Großteil der in der Praxis auftretenden Längenänderungen, die auch auf die Klebeverbindungen wirken, kompensieren. Diese Spannungen treten in der Praxis auf, da sich die thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Aluminium und Glas unterscheiden. Eine Patentanmeldung beim europäischen Patentamt zur spannungsfreien, flächigen Verklebung eines Absorbers durch Streckgitter war erfolgreich und wurde Ende 2022 veröffentlicht. Bei der Produktion entschieden sich die Expertinnen und Experten für einen Linienprozess in nur eine Richtung (siehe Infobox). Bei einem Linienprozess wird maximal ein Antrieb und die Steuerung der „rückführenden Linie“ benötigt.

Markteinführung ab 2023 geplant

Die PVT-Entwicklungen und die Erfahrungen mit der Pilotfertigungsanlage haben gute Voraussetzungen für eine rationelle und kostengünstigere Serienfertigung der PVT-Kollektoren geschaffen. Eine Markeinführung der unabgedeckten PVT-Kollektoren ist für 2023 geplant, der Vertrieb eines PVT-Gesamtsystems ab 2024. (bs)

Zuletzt aktualisiert am:
09.08.2023

PVT-Solutions-Entwicklung von wirtschaftlichen und effizienten PVT-Gesamtlösungen und dafür geeigneten PVT-Kollektoren

För­der­kenn­zei­chen: 03ETW011 A-C

Projektlaufzeit
01.01.2019 31.05.2022 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Photovoltaisch-thermische Kollektoren, PVT, Wärmepumpenintegration, Kollektorkonzepte, Fertigung PVT-Kollektoren

För­der­sum­me: rund 1,76 Millionen Euro

Kontakt

Koordination

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme
Gunther Munz

Tel.: 0761-4588-5583
Webadresse

Heizsystem-Anbieter
Solvis GmbH

Webadresse

Solarabsorber-Hersteller
Solab GmbH
Webadresse

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