20.07.23 | Aktualisiert am: 20.07.2023

Unter dem Dach des Technologiekooperationsprogramms für Fernwärme und -kälte der Internationalen Energieagentur (IEA DHC) haben Expertinnen und Experten die Zukunft von hybriden Energienetzen betrachtet. In dem zum Projektabschluss veröffentlichten Leitfaden geben sie konkrete Empfehlungen ab.

Fernwärme- und Fernkältenetze werden aktuell häufig von gasbefeuerten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) gespeist. Sie verbinden also den Wärme- und Kältesektor mit dem Strom- und Gassektor. Der Ausstieg aus der Erdgasverstromung wird den Einsatz dieser Anlagen jedoch stark reduzieren – ihre Leistung wird perspektivisch durch Strom aus Erneuerbaren Energien ersetzt. Künftig müssen also andere Wärme- (und Kälte-) Quellen den Bedarf der KWK-Netze decken. Alternative Kopplungspunkte sind zudem nötig, um Flexibilität zwischen den Sektoren zu gewährleisten und die Effizienz des gesamten Energiesystems zu erhöhen. Darüber hinaus nimmt Wasserstoff eine immer wichtigere Rolle ein.

Welche Auswirkungen all diese Faktoren auf die netzbasierte Versorgung mit Wärme und Kälte haben, welche Chancen sich auftun und wie Herausforderungen bewältigt werden können, ist Thema des IEA DHC Annex TS3 „Hybrid Energy Networks“. Das Projekt ist eine internationale Kooperationsplattform unter der Schirmherrschaft des IEA DHC - dem Technologiekooperationsprogramm für Fernwärme und -kälte der Internationalen Energieagentur (IEA).

Erkenntnisse aus fast sechs Jahren Forschung nun veröffentlicht

Das Ziel des Vorhabens ist es, Chancen und Risiken für Fernwärme- und -kältenetze in einem integrierten Energiesystem auszumachen, wobei der Schwerpunkt auf der Kopplung mit dem Strom- und Gasnetz liegt. Ein internationales Forschungsteam hat dazu von Herbst 2017 bis Anfang 2023 zusammengearbeitet – unter anderem in mehreren Workshops, Webinaren und Sondersitzungen auf verschiedenen Konferenzen. Um ein besseres Verständnis des integrierten Energiesystems zu ermöglichen, haben sie zudem eine Zusammenarbeit mit dem International Smart Grid Action Network (ISGAN) der IEA ins Leben gerufen.

Ihre Ergebnisse haben den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun in einem ausführlichen Guidebook zusammengefasst.

Die Forschenden haben unter anderem verschiedene innovative und öffentlich verfügbare Werkzeuge zur Modellierung, Simulation und Optimierung von hybriden Energienetzen evaluiert. Dabei betrachteten sie sowohl die technische Bewertung und Betriebsoptimierung als auch die Planung auf Ebene von Städten und Regionen sowie von Nationen und sogar Kontinenten.

Ressourcen-Exergie-Analyse: Hybride Energienetze und Niedertemperatur-Fernwärme sparen bis zu 90 Prozent CO2 ein

Zudem hat das Forschungsteam eine Ressourcenexergieanalyse (engl. resource exergy analysis - REA) durchgeführt. Sie vergleicht sechs Energiesysteme, die Wärme (Heizung und Warmwasser) für ein Wohngebiet bereitstellen. Das Ergebnis: Hybride Energienetze und Niedertemperatur-Fernwärme schneiden deutlich besser bei Treibhausgasemissionen (über 90 Prozent) und beim Ressourcenexergieverbrauch (über 70 Prozent) ab als dezentrale Erdgas-Brennwertkessel. Um das Potenzial hybrider Energiesysteme voll ausschöpfen zu können, sollte der von ihnen verwendete Strom allerdings aus treibhausgasfreien Quellen stammen.

Ressourcenexergieanalyse - eine neue Methode für den Vergleich von Energiesystemen

Mit immer mehr treibhausgasneutralen Technologien stößt die Analyse von Primärenergieverbräuchen an ihre Grenzen. Der Forscher Dr. Andrej Jentsch wirbt für einen neuen Ansatz, der nicht nur die Primärenergie, sondern auch Energiequalität und somit die Exergie betrachtet. Er ist einer der Autoren des Leitfadens zum IEA DHC Annex TS3.

Mehr

Stärken und Chancen hybrider Energienetze überwiegen

Abschließend haben die Projektpartner die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken von hybriden Energienetzen ausgewertet – auf Grundlage einer Literaturrecherche, qualitativer Beiträge von Expertinnen und Experten, Feedback- und Diskussionsrunden mit Interessenvertretern und einer Online-Umfrage. Zu den Stärken hybrider Energienetze gehören demnach der höhere Grad an Systemflexibilität, die Dekarbonisierung der Wärme- und Kältenetze sowie mehr Freiheit bei Planung und Betrieb. Als Schwächen identifizierten die Forschenden die zunehmende Komplexität, Preissignale, die die Netzsituation noch nicht berücksichtigen, sowie derzeitige Stromtarife und Steuern. Insgesamt bewerten die befragten Expertinnen und Experten jedoch die positiven Merkmale als relevanter.

(ks)

Guidebook zum Download

Der Abschussbericht des IEA DHC Annex TS3 steht auf der Webseite der IEA in englischer Sprache zum Download zur Verfügung: “District Heating and Cooling Networks in an Integrated Energy System Context Guidebook”

Weitere Veröffentlichungen innerhalb des Projektes finden Sie hier.

Kontakt

Koordination
AGFW- Projekt GmbH
https://www.agfw-shop.de/
 
Tel.: 069 63041

Newsletter

Nichts mehr verpassen:

© bluejayphoto