07.12.2021 | Aktualisiert am: 17.12.2021

Schon Ostern 2022, weniger als fünf Monate nach der Grundsteinlegung Anfang Dezember, sollen 180 Wohnungen im Mönchengladbacher Seestadt-Viertel montiert sein. Das Quartier ist Teil des Reallabors der Energiewende TransUrban.NRW, das klimafreundliche Wärme- und Kälteversorgung in die Praxis bringt.

Obwohl der Mönchengladbacher Oberbürgermeister Felix Heinrichs erst kürzlich gemeinsam mit den Projektpartnern den Grundstein für die Gebäude gelegt hat, sind 180 der geplanten 248 Wohnungen im südlichen Teil der Seestadt bereits fertig. Möglich ist dies, weil die Wohnungen industriell vorgefertigt wurden. Jetzt müssen sie nur noch montiert werden. Im gesamten urbanen Stadtquartier am Mönchengladbacher Hauptbahnhof sollen zukünftig etwa 2.000 Wohnungen sowie Büros, Hotels und Serviceeinrichtungen stehen. Das Besondere: Sie werden dann über ein klimafreundliches Niedertemperatur-Energiesystem mit Wärme versorgt – und sind damit Teil des Reallabors der Energiewende TransUrban.NRW. Ziel dieses Vorhabens ist es, in ehemaligen Kohlerevieren in Nordrhein-Westfalen den Übergang von fossilen Fernwärmesystemen zu innovativen CO2-armen Energielösungen zu unterstützen.

Sie waren bei der Grundsteinlegung in der Mönchengladbacher Seestadt mit dabei (v.l.n.r.): Klaus Franken, Geschäftsführer Catella Project Management GmbH; Dr. Gregor Bonin, Stadtdirektor Mönchengladbach; Felix Heinrichs, Oberbürgermeister Mönchengladbach und Markus Richthammer, Vorstand Firmengruppe Max Bögl.
©Catella Project Management GmbH
Sie waren bei der Grundsteinlegung in der Mönchengladbacher Seestadt mit dabei (v.l.n.r.): Klaus Franken, Geschäftsführer Catella Project Management GmbH; Dr. Gregor Bonin, Stadtdirektor Mönchengladbach; Felix Heinrichs, Oberbürgermeister Mönchengladbach und Markus Richthammer, Vorstand Firmengruppe Max Bögl. In den Grundstein wurde eine Zeitkapsel mit zeitgenössischen Dokumenten wie eine aktuelle Tageszeitung, Baupläne der Siedlung und ein Gruppenfoto eingemauert.

Patrick Schneckenburger, Geschäftsführer der E.ON Energy Solutions als Konsortialführer von TransUrban.NRW, erläutert: „Die Seestadt zeigt, dass Niedertemperatur (LowEx)-Netze und die effiziente Nutzung von lokal verfügbarer Abwärme ein notwendiger Baustein für eine klimaneutrale Quartiersversorgung sind. TransUrban.NRW, als ein vom BMWi gefördertes Reallabor der Energiewende, bringt Partner aus Immobilienwirtschaft, Forschung und Energiewirtschaft zusammen, um solche zukunftsweisenden Konzepte zu realisieren. Den Übergang zu intelligenten CO2-armen Energielösungen können wir nur gemeinsam vorantreiben.“

CO2-arme Wärme im Rheinischen Braunkohlerevier

Bisher wird in der Region des neuen Mönchengladbacher Quartiers Seestadt hauptsächlich mit Gas- und Stromheizungen Wärme erzeugt. Die elektrische Energie hierfür stammt zu einem großen Teil aus Braunkohleverstromung. Jetzt ist das Stadtviertel, das sich in unmittelbarer Nähe des rheinischen Braunkohlereviers befindet, eines von insgesamt vier Standorten in Nordrhein-Westfalen, an denen schrittweise auf eine regenerative Wärme- und Kälteversorgung umgestellt werden soll.

“Wir freuen uns sehr, dass ausgerechnet bei uns in Mönchengladbach die größte Klimaschutzsiedlung des Landes entsteht. Das ist ein Vorzeigeprojekt mit großer Strahlkraft.” Felix Heinrichs, Oberbürgermeister von Mönchengladbach

Voraussetzung für diese Umstellung sind so genannte LowEx-Systeme, die im Temperaturbereich von circa 10 bis 40 Grad Celsius arbeiten. Hierüber können auch im Mönchengladbacher Quartier niedrig temperierte Abwärme und erneuerbare Energien in großem Umfang genutzt werden. Das dortige LowEx-Nahwärmenetz nutzt die Wärme aus dem Abwasser. „Hierzu wird über Wärmetauscher im Schmutzwasserkanal Abwärme gewonnen, in das LowEx-Netz eingespeist und mit Wärmepumpen auf ein geeignetes Temperaturniveau gehoben. Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach des jeweiligen Gebäudes versorgen die Wärmepumpen mit der erforderlichen elektrischen Energie und sorgen so für eine Kopplung der Sektoren Strom und Wärme“, erklärt der für die Umsetzung verantwortliche Geschäftsführer Raphael Jungbauer von der Quartiersentwicklungsgesellschaft Stadtentfalter.

Schema des geplanten Energiesystems in der Seestadt. Das Quartier ist Teil des Reallabors der Energiewende TransUrban.NRW.
©E.ON
Schema des geplanten Energiesystems in der Seestadt. Das Quartier ist Teil des Reallabors der Energiewende TransUrban.NRW.

An der Übergabestation wird die Wärme dann in das jeweilige System des Hauses übergeben und sorgt dafür, dass die Räume geheizt und das Trinkwasser erwärmt werden. Bei höheren Temperaturen und zur Spitzenlastabdeckung kann eine zusätzliche elektrische Nacherwärmung zum Einsatz kommen.

See könnte in Energiesystem eingebunden werden

Der Bau und Ausbau des Mönchengladbacher Viertels wird mehrere Jahre dauern. Herzstück wird ein etwa 20.000 Quadratmeter großer See. Wie dieser dann für die Energieversorgung genutzt werden kann, untersuchen aktuell Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Möglich wäre zum Beispiel ein Einsatz als saisonaler Großwärmespeicher. Darüber hinaus könnte ein Erdsondenfeld unter dem See installiert werden. Im Winter wird dabei dem Erdreich über das Sondenfeld Wärme entzogen und zum Heizen der Quartiersgebäude genutzt.

Reallabore der Energiewende bringen Innovationen in die Praxis

Das Vorhaben TransUrban.NRW ist ein so genanntes Reallabor der Energiewende. Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz werden hier innovative Technologien in der praktischen Anwendung unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab getestet. Die Reallabore betrachten das systemische Zusammenspiel von Energiebereitstellung und Energiebedarf auf der Ebene eines konkreten Quartiers oder einer oder mehrerer ausgewählter Städte. Manche erstrecken sich sogar über mehrere Bundesländer. Die in den Projekten gesammelten Erfahrungen können Fachleute anschließend nutzen, um den tiefgreifenden Umbau des Energiesystems in Deutschland entscheidend Richtung Klimaneutralität voranzubringen. Reallabore sind ein wertvoller Praxistest für Innovationen auf dem Weg in die energiewirtschaftliche Umsetzung und damit eine wichtige Unterstützung für den Erfolg der Energiewende.

Zum Thema „Energieoptimierte Quartiere“ sind mittlerweile fünf Reallabore der Energiewende gestartet:

DELTA – Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung

GWP – Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen

IW3 – Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg

TransUrban.NRW

SmartQuart – Smarte Energiequartiere

Auch im Bereich „Sektorkopplung und Wasserstofftechnologien“ starteten bereits fünf Reallabore der Energiewende. Einen Überblick über alle Vorhaben sowie weiterführende Informationen zum Thema finden Sie auf energieforschung.de. (bs)

Kontakt

Projektkoordinator

E.ON Energy Solutions GmbH
Tel.: 0201 18400

https://www.eon.com/de.html

Energieversorgung in Gebäuden und Quartieren

Im Fokus der Forschung zu energieoptimierten Gebäuden und Quartieren stehen effiziente und zugleich wirtschaftliche Versorgungsstrukturen. Systemische Ansätze statt Einzellösungen sind gefragt, um Sektorkopplung und Digitalisierung voranzutreiben und den Primärenergiebedarf im gesamten System durch die Integration erneuerbarer Energien deutlich zu senken.

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