Der 2013 fertiggestellte Neubau der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt ist Bestandteil der Internationalen Bauausstellung Hamburg (IBA). Der Gebäudekomplex soll beispielhaft energieeffizient, nachhaltig und zugleich kostengünstig sein. Ein sehr kompakter Baukörper mit exzellentem Wärme- und Sonnenschutz bei optimierter Transparenz der Fassade soll einen Primärenergiebedarf von jährlich nur knapp 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter ermöglichen. Das Gebäude wird derzeit einem wissenschaftlichen Monitoring unterzogen. 

Der Gebäudeentwurf geht aus einem Wettbewerbsverfahren hervor, den die Hamburger Sprinkenhof GmbH als Bauherr in Kooperation mit der IBA Hamburg GmbH ausgelobt hatte. Das Grundstück liegt in Hamburg-Wilhelmsburg und ist zentraler Bestandteil der „Neuen Mitte Wilhelmsburg“, die auf der Grundlage des „Masterplan Neue Mitte Wilhelmsburg 2013plus“ entstanden ist. Die Sprinkenhof GmbH hat im Anschluss an das Wettbewerbsverfahren als städtischer Dienstleister die Realisierung des Projekts übernommen. Planungspartner waren die aus dem Wettbewerbsverfahren als Sieger hervorgegangene Arbeitsgemeinschaft Sauerbruch Hutton Architekten aus Berlin und die Innius RR GmbH aus Rosbach (ehemals R+R Reuter Rührgartner Planungsgesellschaft für Gebäudetechnik mbH) für die Planungsphasen bis zur Baugenehmigung sowie die Ingenieurgesellschaft Obermeyer Planen + Beraten GmbH für die Realisierung der Planung.

Forschungsfokus

Der Neubau wird in den ersten Jahren nach Inbetriebnahme einem wissenschaftlichen Intensivmonitoring unterzogen. Eine Überprüfung der energetischen Kriterien sowie die Ausarbeitung eines Optimierungskonzepts sind wesentliche Ziele des wissenschaftlichen Monitorings. Mit den parallel laufenden Versuchen an einer Demonstrationsanlage am Institut für Thermofluiddynamik und Technische Thermodynamik an der TU Hamburg-Harburg können zudem Konzepte zur bedarfsorientierten Klimatisierung entwickelt und bei vorliegender Entwicklungsreife auf den Neubau übertragen werden. Mit einer Modellierung des Gebäudeenergiesystems können anhand realer Messdaten der Einfluss unterschiedlicher Bilanzgrenzen auf die Energie- und Emissionskennwerte bewertet werden.

Ein vom Büro solidar Planungswerkstatt in Berlin bearbeitetes Teilprojekt ist die Entwicklung eines Teilmoduls für ein Nutzerinteraktionssystem „Energie & Komfort“. Im Zusammenspiel mit den Gebäudenutzern sollen Energiekosteneinsparpotenziale sowie Komfortverbesserungen im Gebäudebetrieb identifiziert und allein auf Basis nicht-investiver Maßnahmen umgesetzt werden.

Gebäudekonzept

Auf insgesamt fast 200 Meter Länge schlängelt sich das Gebäude durch den neuen Stadtteil und will dabei mit seiner fast organischen Form und den auffälligen Farben den Aufbruch im Hamburger Süden symbolisieren. Zugleich ist der 2013 fertig gestellte Neubau das größte Hochbauprojekt der IBA Hamburg! Mit dreizehn Geschossen ragt der Hauptturm des geschwungenen Neubaus 54 Meter in die Höhe. Wellenförmig gehen von ihm zwei fünfgeschossige Flügelbauten ab. Auf den dunklen Aluminium-Elementen der Fassade sind bunte Bänder aus lasierten Keramikpaneelen befestigt: Die zwanzig verschiedenen Farben verleihen dem Gebäude eine auffallende Patchwork-Ästhetik. Zugleich verfügen Fassade und Verglasung über einen sehr guten Wärmeschutz.

Auf einem geradlinigen Sockel, der die Kante entlang der Neuenfelder Straße definiert, sitzt ein geschwungener Baukörper, der durch seine fließende Formensprache und Farbigkeit auffällt. Die Rhythmisierung der einzelnen Häuser auf dem Sockel setzt sich in der Innengestaltung durch lichtdurchflutete Atrien in jedem Bauteil fort. Die Atrien bilden die Zentren in jedem der sieben „Häuser“, aus denen die langgestreckten Flachbauten bestehen, und funktionieren als zentrale, alle Bürogeschosse verbindende Räume. Sie gliedern die großen Bürobereiche und dienen der Belichtung der Erschließungsflächen. Durch die geschwungene Gebäudekontur ergibt sich eine Abfolge unterschiedlicher Raumsituationen, in der die weiten, tagesbelichteten Atrien mit den begrenzteren, innen liegenden Fluren alternieren. Jedem Atrium ist ein zentraler Kern zugeordnet, der Treppe, Aufzug und Nebennutzungen (Sanitärräume, Technikräume, Lager, Archive) enthält. Flure und Kerne werden durch eine farbliche Gestaltung weiter differenziert. Um Kern und Atrium liegen die Büroräume. Zweiachsige Einzelraumbüros haben in der Regel eine Breite von 2,5 Metern und eine Tiefe von 5,1 Metern.

Energiekonzept

Die Gebäudehülle verfügt über einen konsequenten Wärmeschutz sowie über ein optimiertes Verhältnis zwischen opaken und transparenten Bereichen. In Verbindung mit der Gebäudeform und den Atrien kann viel Tageslicht genutzt werden. Ein außen liegender Sonnenschutz, das differenzierte Be- und Entlüftungskonzept mit der Option zur Nachtkühlung über Lüftungsklappen in der Fassade, sowie die Heizung und freie Kühlung über thermisch aktivierte Decken sollen in Verbindung mit der effizienten Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlagen für einen hohen Raumkomfort bei geringem Energiebedarf sorgen. Neben den baulichen und haustechnischen Komponenten setzt das Energiekonzept auch auf die aktive Beteiligung der Nutzer, um das Energieeinsparungspotenzial des Gebäudes möglichst weitgehend zu erschließen.

Ein wesentlicher Bestandteil des Versorgungskonzeptes ist die Nutzung der auf dem Baugrundstück vorhandenen regenerativen Erdreichwärme über Energiepfähle im Gründungsbereich des Gebäudes und Wärmepumpen. Die zum Betrieb der Wärmepumpen notwendige Elektroenergie wird über das allgemeine Stromnetz gemäß den Lieferverträgen der Stadt Hamburg als Ökostrom bezogen. Zur Abdeckung von Bedarfsspitzen und für die Trinkwassererwärmung wird Nahwärme aus erneuerbarer Kraft-Wärme-Kopplung von dem städtischen Energieversorger Hamburg Energie GmbH bereitgestellt.

Zuletzt aktualisiert am:
01.09.2021

Herausragende Architektur mit Nachhaltigkeitszertifikat

För­der­kenn­zei­chen: 03ET1139A

Projektlaufzeit
01.12.2012 31.12.2017 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Neubau von Einzelgebäuden, Heizen, Lüften, Kühlen, Tageslicht & Beleuchtung, Gebäudebetrieb & Gebäudeautomation, Wärmenetze & Kältenetze, Biomasse, Wärme aus Erdreich, Grundwasser, Abwasser

För­der­sum­me: 529.861 €

Kontakt

Koordination
TU Hamburg-Harburg, Institut für Thermofluiddynamik, Technische Thermodynamik
http://www.tuhh.de/tt
+49(0)40-42878-3246

©photo 5000 - stock.adobe.com

Gebäude

Um Bedürfnisse ihrer Nutzer zu erfüllen, müssen Gebäude sich über geeignete Verglasungen, Fassaden und Systeme für das Luft- und Wärmemanagement an das Außenklima und die variierenden Nutzeranforderungen anpassen. Clevere Gebäudekonzepte und innovative gebäudetechnische Systeme bieten hierfür die notwendige Flexibilität.

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